Volltext: Das Schützenregiment Graz Nr. 3 und der steirische Landsturm im Weltkrieg 1914 - 1918 II. Band (II. / 1931)

Aus je 80 Schritte folgen zwei Mann Verbindung so lange, bis die ersten Leute 
die dem Waldrand vorgelagerte kleine Höhe erreicht haben. Nun bleibt alles 
unbeweglich stehen, nach allen Seiten spähend und lauschend. Stille ringsum, 
nur in der Ferne grollt der Donner der Geschütze. Die vordersten Späher geben 
das Zeichen: „Frei". Einzeln abgefallen, mit 20 Schritten Distanz, überquert 
nun der Rest der Abteilung die Lichtung des eingesehenen Vorfeldes. In 20 M- 
nuten sind sie an die Späher heran. Nun heißt es in den unsichtigen Wald ein¬ 
dringen. Voran die Zugs- und Schwarmkmdten, gehen die Abteilungen, eine 
Kette neuer Späher vorsendend, strahlenförmig auseinander. Auf der Lichtung 
liegt noch Dämmerlicht, während es im Wald bereits finstert. Zwischen einzelnen 
Baumgruppen liegen größere Schneemassen, über die man im Dunkel stolpert. 
Auf den schneefreien Stellen liegen Zweige und Äste, die unter den Genagelten 
verräterisch knacken. Jeder müht sich, durch Vorwärtstasten mit den Füßen 
Geräusche zu vermeiden. Trotz der kalten Nacht wird es allen gehörig warm. 
Nach je 50 Schritten wird gehalten, gespäht und gelauscht. Nichts rührt sich, nur 
aus der Hptstellung auf Cima di Vezzena klingt hie und da ein Husten herüber. 
Man merkt nun erst, wie weit ein Husten in der Stille der Nacht hörbar 
ist und zum Verräter wird. Aber wie man daran denkt, so kitzelt es einen auch 
schon im Halse und man hat das Gefühl, sich räuspern zu müssen und gelte es 
das Leben. Man preßt die Hand vor den Mund, saugt gierig Luft durch die 
Nase, um des Hustenreizes Herr zu werden, und hat augenblicklich nur den 
einen Wunsch aus Erden, kräftig husten zu dürfen. Endlich ist der Aufstellungs¬ 
platz der Feldwachen erreicht. 
Vedetten, das sind Horchposten, werden vorgeschoben, woraus von der Feld¬ 
wache aus die Verbindung nach allen Seiten aufgenommen wird. Es ist 21 Uhr. 
Bis 3 Uhr 30 haben die Feldwachen zu bleiben und dann einzurücken. Der Rest 
der Feldwachmannschaft schaufelt den Schnee zu einer Brustwehr aus und ver¬ 
sucht möglichst geräuschlos mit Beilpicke und Spaten den Boden aufzugraben. 
Trotz der unbedingt zu beobachtenden Stille und des gefrorenen Bodens bringt 
hier, im Bestreben sich zu sichern, die Geduld ganz brauchbare Deckungen zu¬ 
stande. So vertieft sind alle in die Arbeit, daß sie darüber beinahe den Krieg 
vergessen. Ein Schuß aus der Richtung der rechten Feldwache macht sie wieder 
zu Soldaten, spannt alle Nerven. Wer hat geschossen und warum? War es ein 
welscher oder ein eigener Schuß? War es eine Warnung oder wurde der Posten 
angegriffen? Fragen, die in der Finsternis augenblicklich nicht zu beantworten 
sind. Picken und Schaufeln fliegen beiseite. In den eben angelegten Mulden, 
tief im Schnee vergraben, liegen die Feldwachen, gespannt in die Nacht hinaus¬ 
lauschend. Zwei Mann werden abgefertigt, um in einem Bogen nach rückwärts 
die Verbindung zur nächsten Feldwache aufzunehmen und dort zu erkunden. 
Huscht dort nicht etwas? Knackt es nicht dort bei den nächsten Bäumen? Die 
erregte Phantasie gaukelt mit jedem Busch, mit jedem vom Baum fallenden 
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