Volltext: Gedenkschrift zum fünfundzwanzigjährigen Bestande des Diözesanknabenseminars von Linz Kollegium Petrinum

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Der Unterricht 
wird nach dem Normallehrplan der Staats-, nun Bundesgymnasien erteilt. 
„Die hochwürdigen Herren Professoren“, lautet die Weisung des Bischofes 
Johannes Maria im ersten Schuljahre nach der Rückkehr ins Heim 1920/21, 
„finden nur meinen vollsten Beifall, wenn sie bei ihren Anforderungen im 
Unterricht eine gewisse Strenge walten lassen, wenn sie die Schüler anleiten, 
sich beim Studium der Gründlichkeit zu befleißen und die gestellten Aufgaben 
nicht mit spielendem Dilettantismus, sondern mit vollem Ernste und unbeug 
samem Arbeitswillen zu lösen. Den obersten Rang unter allen Lehrgegenständen 
soll nach dem Wortlaut des Codex juris (Can. 1364) der Religionsunterricht 
einnehmen; eine gründliche Kenntnis besonders der lateinischen und deutschen 
Sprache fordert der gleiche Kanon ganz ausdrücklich. Daß das hohe Bildungs 
ideal der Antike beim Unterricht in den Vordergrund gestellt wird, liegt übrigens 
im Charakter des humanistischen Gymnasiums, das als beste Vorschule für 
das höhere theologische Studium auch in Zukunft eine besondere Pflege im 
Knabenseminare erfahren soll. Aber auch die realistischen Fächer sollen die 
ihnen gebührende Berücksichtigung finden und ich bin gerne bereit, die jeweils 
erforderlichen Pauschalien nach Maßgabe der finanziellen Mittel zu bewilligen.“ 
Die Jahresberichte verzeichnen die deutschen Sprechübungen in den oberen 
Klassen, seit 1909/10 von der III. Klasse an sowie die deutsche, lateinische 
und griechische Schul- und Privatlektüre. Manche Schüler lasen auf Anregung 
und unter Kontrolle ihrer Professoren die lateinischen Autoren Lactantius, 
Eugippius, Theodul, die Humanisten Muretus und Chelucius, Carmina Jakob 
Baldes, ferner griechisch aus den Evangelien des Neuen Testamentes, aus Ba- 
sileios, Joannes Chrysostomos und Klemens von Alexandrien. Außer den unten 
in eigenen Abschnitten behandelten Lehrmitteln stehen auch Bilder und Karten 
für den Religionsunterricht und den Unterricht im Deutschen, sowie Modelle 
und Hilfsmittel für Mathematik zur Verfügung. Den Unterricht im Freien 
begünstigt die Lage des Hauses; der aus Botanik wird fast zur Gänze im Freien 
erteilt. Ferner wurde die Ausbildung der Schüler durch Darbietungen von Vor 
tragskünstlern, durch Lichtbildervorträge und Besuche von Museen, Panoramen, 
Ausstellungen, Musikaufführungen, Bauwerken und maschinellen Anlagen, durch 
Experimentalvorträge z. B. mit flüssiger Luft, durch Ausflüge gefördert. 
Wahlfreie Gegenstände sind in den oberen Klassen die drei modernen 
Weltsprachen Englisch, Französisch und Italienisch. Sie werden ab 
wechselnd das eine Jahr in einem Anfänger-, das andere in einem Fortbildungs 
kurse zu je zwei Wochenstunden gelehrt. Stenographie wird jedes Jahr im 
Anfänger- und Fortbildungskurs betrieben. Seit 1911/12 wird mit behördlicher 
Bewilligung schon in der III. Klasse damit begonnen; den Anfängerkurs be 
suchen alle Schüler. Bis 1919 wurde die Gabelsberger-Stenographie in der 
Schriftform des 5. deutschen Stenographentages von Wien 1895 gelehrt, seit 
1919/20 aber gemäß Vorschrift des Staatsamtes für Unterricht in der des 
7. deutschen Stenographentages von B erlin 1902. Bis zum Weltkrieg eiferte 
fast jährlich ein Preisschreiben zur Übung in der Schnellschrift an; es wurde 
bis 1909 vom Gabelsberger-Stenographenverein Linz, 1910 bis 1914, wie schon 
erwähnt, durch die Anstalt selbst gehalten. 
Dem Freihandzeichnen steht an der Nordseite des Hauses ein zweck 
mäßig eingerichteter Zeichensaal mit anstoßendem Modellkabinett und einer 
entsprechenden Anzahl von Lehrmitteln zur Verfügung. Dieser Gegenstand, 
der für den Priester, zumal wegen Förderung des Kunstverständnisses, von
	        
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