84 Der Unterricht wird nach dem Normallehrplan der Staats-, nun Bundesgymnasien erteilt. „Die hochwürdigen Herren Professoren“, lautet die Weisung des Bischofes Johannes Maria im ersten Schuljahre nach der Rückkehr ins Heim 1920/21, „finden nur meinen vollsten Beifall, wenn sie bei ihren Anforderungen im Unterricht eine gewisse Strenge walten lassen, wenn sie die Schüler anleiten, sich beim Studium der Gründlichkeit zu befleißen und die gestellten Aufgaben nicht mit spielendem Dilettantismus, sondern mit vollem Ernste und unbeug samem Arbeitswillen zu lösen. Den obersten Rang unter allen Lehrgegenständen soll nach dem Wortlaut des Codex juris (Can. 1364) der Religionsunterricht einnehmen; eine gründliche Kenntnis besonders der lateinischen und deutschen Sprache fordert der gleiche Kanon ganz ausdrücklich. Daß das hohe Bildungs ideal der Antike beim Unterricht in den Vordergrund gestellt wird, liegt übrigens im Charakter des humanistischen Gymnasiums, das als beste Vorschule für das höhere theologische Studium auch in Zukunft eine besondere Pflege im Knabenseminare erfahren soll. Aber auch die realistischen Fächer sollen die ihnen gebührende Berücksichtigung finden und ich bin gerne bereit, die jeweils erforderlichen Pauschalien nach Maßgabe der finanziellen Mittel zu bewilligen.“ Die Jahresberichte verzeichnen die deutschen Sprechübungen in den oberen Klassen, seit 1909/10 von der III. Klasse an sowie die deutsche, lateinische und griechische Schul- und Privatlektüre. Manche Schüler lasen auf Anregung und unter Kontrolle ihrer Professoren die lateinischen Autoren Lactantius, Eugippius, Theodul, die Humanisten Muretus und Chelucius, Carmina Jakob Baldes, ferner griechisch aus den Evangelien des Neuen Testamentes, aus Ba- sileios, Joannes Chrysostomos und Klemens von Alexandrien. Außer den unten in eigenen Abschnitten behandelten Lehrmitteln stehen auch Bilder und Karten für den Religionsunterricht und den Unterricht im Deutschen, sowie Modelle und Hilfsmittel für Mathematik zur Verfügung. Den Unterricht im Freien begünstigt die Lage des Hauses; der aus Botanik wird fast zur Gänze im Freien erteilt. Ferner wurde die Ausbildung der Schüler durch Darbietungen von Vor tragskünstlern, durch Lichtbildervorträge und Besuche von Museen, Panoramen, Ausstellungen, Musikaufführungen, Bauwerken und maschinellen Anlagen, durch Experimentalvorträge z. B. mit flüssiger Luft, durch Ausflüge gefördert. Wahlfreie Gegenstände sind in den oberen Klassen die drei modernen Weltsprachen Englisch, Französisch und Italienisch. Sie werden ab wechselnd das eine Jahr in einem Anfänger-, das andere in einem Fortbildungs kurse zu je zwei Wochenstunden gelehrt. Stenographie wird jedes Jahr im Anfänger- und Fortbildungskurs betrieben. Seit 1911/12 wird mit behördlicher Bewilligung schon in der III. Klasse damit begonnen; den Anfängerkurs be suchen alle Schüler. Bis 1919 wurde die Gabelsberger-Stenographie in der Schriftform des 5. deutschen Stenographentages von Wien 1895 gelehrt, seit 1919/20 aber gemäß Vorschrift des Staatsamtes für Unterricht in der des 7. deutschen Stenographentages von B erlin 1902. Bis zum Weltkrieg eiferte fast jährlich ein Preisschreiben zur Übung in der Schnellschrift an; es wurde bis 1909 vom Gabelsberger-Stenographenverein Linz, 1910 bis 1914, wie schon erwähnt, durch die Anstalt selbst gehalten. Dem Freihandzeichnen steht an der Nordseite des Hauses ein zweck mäßig eingerichteter Zeichensaal mit anstoßendem Modellkabinett und einer entsprechenden Anzahl von Lehrmitteln zur Verfügung. Dieser Gegenstand, der für den Priester, zumal wegen Förderung des Kunstverständnisses, von