Volltext: Braunauer Kalender 1910 (1910)

valide Schäfer herbei. „Vater Blücher" nannte man allgemein diesen Veteranen 
von anno 13, der vor Paris ein Bein verlor. Nun wohnte er seit länger als 
50 Jahren friedlich bei dem Gemeindehirten Mielke drüben in jenem Strohdach¬ 
häuslein. Er tat Niemanden etwas zu leide und war froh, wenn er einen geduldigen 
Zuhörer für seine hochinteressanten, aber leider schon zu bekannten Kriegsgeschichten 
fand. Schon war er zum Gespött der Kinder geworden, der alte Schnanzbart mit 
der Feldmütze ans den Freiheitskriegen und dem eisernen Kreuz im Knopfloch. Auch 
jetzt scharrte sich eine Horde Straßenjungen und ein paar größere Burschen, die von 
einem Maiausflug zurückkehrten, um „Vater Blücher" und verhöhnten ihn. Er schlug 
mit seiner Krücke um sich und wetterte, als hätte er Rekruten vor sich. Da rissen 
ihm die beiden großen Burschen seine Waffe aus der altersschwachen Hand und 
und stießen ihn zu Boden, daß er wie ein hilfloses Kind im Grase lag. Schon 
schickt die wilde Schar sich an, ihm Mütze und Ehrenzeichen fortzunehmen, aber da 
fährt Karl Steinberg mit drohend erhobenem Knittel dazwischen und schlägt mit 
Mattighofcn. 
Geburtsort des hochwürdigsten Herrn Bischofes. 
Tr. Rudolf Hittmair ist ein Sohn des Landes Oberösterreich, und sieht gegenwärtig im 50. Lebens¬ 
ja bre. Geboren zu Mattighoseu am 24. Juli 1859 als Sohn des f. f. Bezirksrichters Anton 
Hittmair und dessen Gattin Agnes. Der Bater starb 1895 als pensionierter Bezirksrichter im hohen 
Älter von 87 Jahren in Urfahr, die Mutter starb im Juni 1909 ebenfalls in Urfahr nnd hatte 
noch die Gnade und Freude, ihren Sohn, wohl nur kurze Zeit, als Bischof zu sehen. Kooperator 
August Hämisch taufte den hochwiirdigen Herrn Bischof. 
ein paar derben Hieben die ganze Horde in die Flucht. Die beiden Anstifter suchen 
ihn zu überwältigen, doch bald liegen sie am Boden und erhalten einen gebührenden 
Denkzettel. Der Schuhmachergeselle ist kein Schwächling. Nun hebt er mit seinen 
sehnigen Armen den Invaliden, der erst allmählich wieder zur Besinnung kommt, 
empor, reicht ihm seine Krücke und geleitet ihn nach Hause. 
„Potz Element," knurrte „Vater Blücher" dabei, „das hätte ich mir einst als 
Wachtmeister bei den Husaren nicht träumen lassen, daß mich solche Lotterbuben an 
meinem Lebensabend besiegen würden. Zwanzig Franzosen nahm ich. allein bei Leipzig 
gefangen. Dies Kreuz erhielt ich dafür. Ja, ja, 's ist lange her. Aber nun meinen 
besten Dank, junger Freund. Wie heißt du denn?" 
Mit „du" pflegte der Alte alle Menschen, die noch nicht 40 Jahre zählten, 
anzureden. 
Karl nannte ihm seinen Namen und erzählte ihm von den Eltern und seinem 
Tun und Treiben. 
Er mußte dem alten Stelzfuß gefallen, denn derselbe bat ihn, mit in die Stube 
zu kommen, ein Vorzug, der wenigen zuteil wurde. Karl lehnte das aber ab, da über
	        
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