Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Ausgang der Schlacht bei Limanowa-Lapanów ; 1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ; (1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ;)

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Der Sommerfeldzug 1914 gegen Rußland 
Nichtsdestoweniger zeigte der Feind mehr als einmal Miene, sich vor 
Böhm-Ermolli auf die nur geringen Schute gewährenden Wälle von Lem¬ 
berg zurückzuziehen. Eine noch größere Erfolgsmöglichkeit scheint sich 
nach der russischen Literatur an den inneren Flügeln Brussilows und 
Rußkis geboten zu haben, dort, wo die Kaiserschützen in schneidigem 
Vorstoß die feindlichen Linien fast entzweirissen. Wer weiß, ob nicht eine 
entscheidende Wendung eingetreten wäre, wenn die 3. Armee, statt sich 
in den schweren Stirnangriffen östlich von Gródek und bei Janów zu er¬ 
schöpfen, ihre Anstrengungen auf jene verwundbarste Stelle des Feindes 
bei Lelechówka vereinigt hätte! Stündlich widerhallten die feindlichen 
Hauptquartiere von Rußkis Klage, daß die Lage an diesem Nahtpunkte 
„außerordentlich ernst" sei. 
Dieses eine mag freilich zur Erwägung stehen: ob es aussichtsreich 
war, den ermatteten, von ihrer an Munitionsknappheit leidenden Artillerie 
nur mangelhaft unterstützten Regimentern noch den Generalangriff vom 
10. und 11. September zuzumuten, nachdem die 1. Armee schon im Weichen 
war und zwischen ihr und der Erzherzogsgruppe der Feind schon nahezu 
im Rücken Auffenbergs stand. Das Kräfteverhältnis westlich von Lem¬ 
berg verhieß in solch äußerst gespannter Lage kaum mehr einen durch¬ 
schlagenden Erfolg. Dafür hätte ein rührigerer Feind, als es der Russe 
war, das öst.-ung. Nordheer sehr wahrscheinlich in schwerste Bedrängnis 
versetzt, erheblichen Teilen den Rückzug verlegt oder die Hauptkräfte 
überhaupt in die Karpathen abgedrängt. Nun ist solchen Erwägungen 
allerdings entgegenzuhalten, daß die Rückwirkung eines harten Kampfes 
auch beim Feinde nicht ausbleiben kann und die richtige Einschätzung 
des Gegners mit zu den Eigenschaften gehört, die den Feldherrn aus¬ 
zuzeichnen hat. Auch mag man angesichts der Kühnheit, mit der die öst.- 
ung. Leitung die letzte Möglichkeit eines Schlachtenerfolges ausschöpfte, 
unwillkürlich einen Vergleich anstellen zwischen der Zähigkeit, mit der 
im Osten der Feldherr den Sieg erstrebte, und zwischen der Hast, mit 
der in den gleichen Tagen und Stunden an der Marne einem Augenblick 
der Schwäche in der Heeresführung nachgegeben worden ist. 
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Der Stoß auf Siedlec 
Unter den großen Streitfragen, die der erste Feldzug gegen Rußland 
aufgeworfen hat, ist nun noch das vielumstrittene Problem des „Stoßes 
auf Siedlec" zu streifen. Wenn Groener schreibt, daß Conrad und Moltke 
der Jüngere bei ihren mündlichen und schriftlichen Vereinbarungen im
	        
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