Volltext: X. Jahrgang, 1905 (X. JG., 1905)

Seite 100. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 11. 
heutigen Bauteohnik hart ins Gericht. Auch der Heraus¬ 
geber der benannten Zeitschrift schließt sich in einem 
Artikel „Alte Städtebilder aus Westfalen u. d. bergischen 
Lande“ der Ansicht seines Mitarbeiters an. Zugegeben, 
daß der unter dem Einfluß der aufsteigenden Bevölkerungs¬ 
bewegung wuchernde neuzeitliche technische Baustil noch 
der künstlerischen Durchbildung vielleicht sogar dringend 
bedarf, so muß doch betont werden, wie wenig sich die 
Kritiker in ihre Materie vertieft haben, um so ein oberfläch¬ 
liches Urteil in die Öffentlichkeit zu tragen. Wir könnnen 
froh und glücklich sein, aus jenen oft genug bizarren Mauer¬ 
werken, die uns nur aus traditioneller Pietät so kunstvoll 
— pittoresk — deuchen, erlöst zu sein; malerisch schön 
ist vielleicht die Gegend, wo die ehrwürdigen Häuschen 
stehen oder standen, ja malerisch-schön ist bekanntlich 
auch die Ahn mit der Sennhütte, die auf dem Ölbild 
eines Achenbach ein promptes Kunstwerk darstellt, in 
Wirklichkeit aber eine traurige Bude ist. Doch ist die 
Kunst Geschmackssache non disputanduml Keineswegs 
kann aber bestritten werden, daß selbst die uralten Pa¬ 
trizierhäuser in den engen winkligen Gassen Augsburgs, 
Kölns, Antwerpens, Brüssels, von Elberfeld, Leipzig ganz 
zu schweigen, in konstruktiver Beziehung armselige Er¬ 
findungen sind und hygienischen Ansprüchen nur sehr 
wenig genügen. Was dann das Gros der Gebäude^ 
namentlich der Behausungen der niederen Yolksklassen 
anbelangt, so bietet die alte Zeit durchaus kein nach¬ 
ahmenswertes Beispiel. Der Kunstsinn des alten Archi¬ 
tekten setzte sich über die Konstruktionsprinzipien der 
exakten Forschung hinweg. Als Hauptfehler traten hervor 
der Lichtmangel in den Räumen, die wirre Anordnung, 
bezw. Aufteilung derselben, die dumpfe Luftbeschaffen¬ 
heit infolge Lichtmangels, die Verwendung von Schutt 
und Abbruchmaterial zur Deckenherstellung und als Folge¬ 
erscheinungen eine maßlose Anzucht allerlei Ungeziefers, 
die wiederum als die Urheber von Seuchen und Epidemien 
anzusehen sind. Kann man unter solchen und ähnlichen 
Gesichtspunkten die alte der neuen Baukunst vorziehen? 
Und sollte die neuzeitliche Architektur wirklich so arm 
an Formenausdruck sein, wie vielfach von seiten der 
historischen Schule vorgebracht wird? Es mag sein, daß 
der sogenannte Waren- und Hansahausstil der monu¬ 
mentalen Pracht alter Prunkschlösser bar ist, immerhin 
wetteifert er mit dem öden Kasernenstil der Oligarchen¬ 
zeit Deutschlands und dem Klosterstil der Biedermeier¬ 
zeit erfolgreich genug. Ja einzelne Schöpfungen der 
jüngsten Periode machen wohl einen imposanteren Ein¬ 
druck als manche der vielumschwärmten historischen Ge¬ 
bäude. In ihnen söhnt sich die Kunst mit der Wissen¬ 
schaft aus. Der innere Ausbau des modernen Hauses, die 
Anwendung technischer Hilfsmittel im besonderen, ist 
ein ungleich vollkommener gegen die alte Bauweise. Die 
heutige Konstruktionsweise der Zwischenwände, Treppen, 
Decken u. s. w. hat den Zweck, die äußeren Umfassungs¬ 
mauern des Gebäudes zu entlasten, ganz abgesehen davon, 
daß auch die Ausführungskosten durch die Anwendung 
technischer Mittel erheblich verringert werden sollen. Die 
Einführung des Betons in das Baugewerbe hat den Um¬ 
schwung hervorgerufen, welchen wir als solchen ge¬ 
kennzeichnet haben, der die exakte Wissenschaft zum 
Ausgangspunkte hat, obgleich auch auf diesem Gebiete 
der Laienverstand des schlichten Empirikers die erste 
Anregung zu allen späteren Erfindungen gegeben hatte. 
Der französische Gärtner Monier war in der Tat der erste 
in der Anwendung der Betoneisen-Konstruktion, welche 
in der Folge von einer großen Zahl hervorragender 
Ingenieure ausgebildet, allenthalben zur Anwendung kam. 
Ein Kunstwerk ist die Betoneisen-Konstruktion allerdings 
nicht, wohl aber eine Leistung, die den praktischen Be¬ 
dürfnissen der Kulturmenschheit zum Nutzen gereicht, 
und die beweist, wie günstig der Einfluß der Ingenieur¬ 
wissenschaft auf die Baukunst wirkt. 
Dr. Dietzey 
Direktor des literarisch-technischen 
Bureaus in Düsseldorf. 
Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Linz. 
(Sitzung am 24. Mai.) 
Gemeinderat Sedlacek berichtet über ein Ansuchen 
wegen Stundung der Trottoirherstellung und beantragt, 
von der von Felix Waldner angesuchten Stundung der 
Trottoierherstellung bei seinem Villenbau Nr. 186 in Wald¬ 
egg abzusehen, dagegen bei Fertigstellung der Straßen¬ 
züge das Trottoir durch das städtische Bauamt herstellen 
zu lassen, jedoch habe Waldner vor Erteilung des Be¬ 
nützungskonsenses den Kostenbetrag bei der städtischen 
Kammerkasse zu erlegen. (Angenommen.) 
Gemeinderat Gm ein er berichtet wegen Abänderung 
des Gemeinderatsbeschlusses vom 19. April d. J.; damals 
wurde beschlossen, von der Gasgesellschaft eine 74 Meter 
lange Kanalstrecke in der Museumstraße ins Eigentum 
zu übernehmen. Der Berichterstatter beantragt, da diese 
Auffassung eine irrige war, diesen Beschluß dahin abzu¬ 
ändern, daß die Gemeinde diese Kanalstrecke in die Er¬ 
haltung übernehme, unbeschadet des Eigentumsrechtes 
der Gemeinde auf diese Strecke. (Angenommen.) 
Nach dem Anträge des Gemeinderates Gmeiner 
wird beschlossen, zur Pflasterung des Trottoirs beim 
Hause Nr. 28 Altstadt des Ignaz Bruder alte Trottoir- 
platten gegen dem beizustellen, daß der genannte Haus¬ 
besitzer für die Kosten der Trottoirherstellung aufkommt. 
— Ferner wird nach dem Anträge des gleichen Bericht¬ 
erstatters das Parzellierungsansuchen des Johann Mayreder, 
Wurmstraße, unter näher bezeichneten Bedingungen ge¬ 
nehmigt. 
Nach dem Anträge des Gemeinderates Beyer wird 
beschlossen, die Kanalisierung in der Fortsetzung der 
Fadingerstraße in einer Länge von 170 Meter mit dem 
veranschlagten Betrag von K 5500 zu genehmigen und 
die Offerte im Wege einer Kurrende einzuholen. 
Nach dem Anträge des Gemeinderates Ec kl wird 
beschlossen, die Umpflasterungsarbeiten am Graben vom 
Hause Nr. 13 bis Nr. 21 im Kostenbeträge von K 1700 
an Marie Ammer, die 15% Nachlaß gewährt, somit um 
K 1302J8 zu übertragen. Die Gesamtkosten, inklusive 
des Steinmateriales, das von der Gemeinde bereits ge¬ 
deckt ist, betragen K 16.000. 
Hinsichtlich des schon in der Sitzung vom 3. d. M. 
genehmigten Planes für die Erbauung der Doppel¬ 
volksschule in der Donatusgasse hat der Stadtphysikus 
in hygienischer Richtung einige kleine Änderungen in 
Vorschlag gebracht. Berichterstatter Gemeinderat Sedlacek 
beantragt, auf diese Änderungen einzugehen und den nun¬ 
mehr geänderten Plan zu genehmigen. (Angenommen.) 
Gemeinderat Eckl berichtet über das Ansuchen der 
Oberösterreichischen Baugesellschaft um Genehmigung 
der Parzellierung der Stockbauerngründe und stellt 
namens des Stadtregulierungskomitees den Antrag, mit 
Rücksicht darauf, daß für dieses Gemeindegebiet ein
	        
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