Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Aprilheft 1937 (Heft 4 / 1937)

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jahrsarbeit des Berg-bauern, die oft mehrere Wochen 
in Anspruch nimmt. Es gibt Bauern, die jährlich 
mehrer Kilometer Zäune instand setzen oder erhal 
ten müssen. Den meisten Schaden an den Zäunen ver 
ursacht im Winter der ungeheuere Schneedruck, wobei, 
hauptsächlich im abschüssigen Gelände, oft ganze 
Strecken niedergelegt -werden. Eine Berechnung der 
jährlichen Verbr«uchsmenge an Zaunholz kann des 
halb nur schätzungsweise ausgestellt werden. Hiezu ein 
Beispiel: Ein Bauer im oberen Salzkammerg-ut hat 
vier verschiedene Gründe im Ausmaße von etwa 
40 Joch zu verzäunen. Das ist keine Seltenheit. Die 
Länge des Zaunes um jedes dieser Grundstücke be 
trügt beiläufig 900 -bis 1000 Meter; also um alle vier 
Gründe herum annähernd 4 Kilometer. Zu seiner 
Neuherstellung würde der Bauer schätzungsweise 2400 
Waldstangen oder „Rändeln", fast ebenso viele zwei- 
metrige Stecken und 7000 Zaunringe aufwenden müs 
sen. Ein reiner Steckenzaun von dieser Länge würde 
jedoch zirka 50.000 Stecken und fast ebenso viele 
Zaunringe beanspruchen. Für die jährliche Erneue 
rung dürfte er mit dem zwanzigsten Teil dieser 
Menge das Auslangen finden. 
Um den immerhin beträchtlichen Verkehr in Land- 
und Forstbetrieb in geregelten Bahnen abwickeln zu 
können, sind überall dort, wo Zäune von Fahrwegen 
durchkreuzt werden, Tore angebracht, die in ihrer 
Form unter dem Namen „Gatter" oder „Ga 
dern" bekannt sind. Weniger -bekannt dürfte die 
ältere Bauart dieser Tore sein. Der Volksmund hat 
dafür den Ausdruck „Legg'n", die folgenderart her 
gestellt wird. In die Gabelung zweier sogenannter 
„Zwieseln" (zusammengewachsene Fichtenstämmchen) 
steckt man, wie beim Bretterzaun, mehrere, der Tor 
weite entsprechend lange Bretter, die durch Zaun- 
ringe unterteilt werden. Je ein Zaunring an jeder 
Seite der „Legg'n" bildet „Angel und Schloß" dieses 
Zauntores. 
Ebenso notwendig und gebräuchlich sind die soge 
nannten „Stiegl'n"; das sind jene Vorrichtungen, die 
zum Übersteigen der Zäune an diesen angebracht sind. 
In der Tat sind sie wirklich eine Art Stiege, die 
durch zwei kreuzweise durch den Zaun gestoßene 
Bretter hergestellt wird. Manchmal haben sie auch die 
r Form einer Bühne oder einer Leiter diesseits und 
jenseits des Zaunes. 
Die Neuzeit und ihre Betriebsführung hat auch 
dem Bauernhöfe ihren Stempel aufgedrückt. An den 
Zäunen haben der Eise-nnagel und der Draht vielfach 
die kunstvollen Gebilde verdrängt. Die Arbeitsbedin 
gungen sind andere geworden. Wo immer aber die 
alten, kunstvollen und kunstgerechten Gehege noch be 
stehen und neu erstehen, mögen wir erkennen, daß 
sie wertvolle heimatliche Kulturgüter sind, die zu 
pflegen und zu erhalten die Ausgabe ihrer Besitzer 
sein soll. 
Das „Bürdelbmden" 
Überall im Lande, in jedem Bauernhaus, und sei es 
noch so klein, ist im Frühjahr das „Bürdelbmden" im 
Gange. Die Arbeit beginnt mit dem Putzen der Bäume 
und Sträucher im Auland. Mägde schlichten Äste und Reisig 
der Länge nach, ein Knecht hackt die stärkeren Äste auf 
dem Hackstock zurecht. Dann kommen sie auf die „Bürdel- 
goas", und zwar so, daß die stärkeren Holzteile außen und 
das Reisig mnen zu liegen kommen. Wie eine „Bürdel- 
goas" aussieht, zeigt das Bild. Sie bringt das Bürdet in 
runde Form, indem es mittelst eines Drahtseils und mit 
einem festen Stecken niedergebunden wird; herum wird 
noch ein Draht gebunden. Dann entfernt man das Draht 
seil, das ungleich lange Reisig wird abgesägt und die 
„Burd" ist schon fertig. 
Die fertigen Reisigbürdel werden in Stößen zu 20 bis 
60 Stücken aufgeschlichtet. Es ist der Stolz jeden Bauern 
knechtes, seine 60 Reisigbürdel im Tag herzustellen. Bringt 
er nicht diese Zahl zusammen, so bekommt er kein Lob vom 
Bauern. Die fertigen und in Stößen aufgestapelten Bürdel 
werden dann später nach Beendigung der „Bürdelzeit", die 
meistens bis anfangs Mai dauert, längs der Hausmauer 
aufgeschlichtet und während des Sommers getrocknet. Diese 
bilden ein willkommenes Heizmaterial, das hauptsächlich 
in den Bauernhäusern „zum unterzünden" verwendet wird. 
Auch kommt es vor, daß Taglöhner zu dieser Arbeit auf 
genommen werden, die man „nach der Burd" bezahlt. 
Hans Einwagner.
	        
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