Volltext: Der Spaßvogel 1921 (1921)

m fröhlicher Erinnerung an das verlebte 
Fest einen Ganzen aufs Spezielle. — No— 
tabene, ich bin in großer Verzweiflung. 
Habe ich vielleicht die Handschuhe meiner 
Tochter, die ich zum Reinigen abgeben sollte, 
versehentlich in Deinen Ueberrock gesteckt? 
Wenn ja, schicke sie mir umgehend. Sonst 
— Gardinenpredigt. Servus“!“! 
,, Paulus.“ 
Hangsamen Schrittes ging der Sani— 
ütsrat durch das⸗Zimmer und pflanzte 
gch breitspurig vor seiner Gattin auf. 
tumm, mit zusammengezogenen Brauen 
musterte er sie von Kopf bis Füßen. 
„Was sagen Sie nun, Frau Sanitäts— 
rat, zu dem, was mir mein Freund, der 
Konsistorialrat. Paulus, schreibt?“ Damit 
hielt er seiner aufs äußerste verlegenen 
Gattin die Postkarte vor das Gesicht. 
Werzeih mir, Berti — ich war ver⸗ 
blendet — du bist und bleibst ¶⸗ ⸗ 
Hm? Was denn? Laß man, gib der 
keine Mühe, Adelgunde, mir noch einen 
Ertranamen auszudenken; ich habe genug 
von heute nacht. Einem Mann wie mir“ 
— hier warf sich der Sprecher in die 
Brust — „so etwas zuzutrauen! — Aber 
schweigen wir darüber.“ Hier seufzte er 
tiefund schmerzlich auf. „Es ist gesche— 
hen.“ Die Arme kreuzend, stellte er den 
einen Fuß vor Lund warf den Kopf in 
den Nacken. Er fühlte, jetzt hatte er das 
Heft in der Sand. Von dieser Stunde 
ing aAlles ab um sich die Aulortaͤt im 
Hause zu sichern. Dröhnend aipfelte sein— 
Rede in den gebieterischen Schlüßworten 
Aber vron nun an geschieht in meinem 
Hause,/ was ich wünsche, will und sage! 
Verstanden? Punktum! Dixi“ —— 
Auf seine entlassende Haudbewegung fuhr 
die Sanitaͤlsratin, angstvoll mit dem Kopfe 
nickend, zur Tür hinaus, während er, noch 
immer in seiner Triumphator- und Sie— 
gerpose, ihr befriedigt nachschaute.. 
Wann jchritt er pergnugt schmunzelnd, 
mit machtvollen Schritten so daß die Fen⸗ 
sler leise zitterten, und, sich die Hande rei— 
bend, um den Tisch. Ja, ja, das hieß ein— 
ee nn Dieg In der dansen Vintergest 
—ießt 
Die siegreichen Ueberlegungen und Zu⸗ 
kunftspläne des Sanitätsrates wurden plötz- 
lich jah dadurch unterbrochen daß mit einem 
hestigen Ruck die Zimmertür aufgerissen 
wurde 
Stirnrunzelnd wandte er sich um eine 
neue Auseinanderseßzung mit seiner Gat— 
in exwortend — da hing auch schon, zit— 
ternd und bitterlich weinend, sein Töch- 
terchen an seinem Halse 
„Nein, Väterchen, das kaunst, du mir 
nicht antun!“ Ein neues Schluchzen er⸗ 
schütterte ihre Gestalsl t 
chrocken schlang er den Arm um sie. 
„So sprich doch deutlich! Was ist denn 
nur, Fritzchen? ẽ 
lich unglücklich — 2* — ———— 
Warum denn nur, um des Himmels 
willen, Kindr.r eeẽee — 
Ein erneutes Schluchzen antwortete 
„Kreuzhimmelbombenelement, Mädel, 
was ist los? Nu man raus mit den tief⸗ 
sten Tnen s 
Ach, Vätexrchen, Kandidat Herder ist 
drüben im Salon — und ich habe — 
durch die offenstehende Tür gehört — daß 
— Mama ihn abgewiesen hat. 
Was, Bombenelement, deine Mutter 
hat, ohne mich noch einmal zu fragen,“ den 
Kandidaten abgewiesen 
Die Zornesadern schwollen dem Sa— 
nitätsrat an. Das war ja wieder ein of 
fenkundiger Eingriff in seine Rechte. Daß 
er vorhin seiner Frau gegenüber von die⸗ 
ser Heirat nichts hatte wissen wollen, daran 
dachte ex in seinem Zorne nicht mehr. 
Laß mal das Heulen sein, Mädel! 
Dein Vater ist auch noch da.“ Damit 
chte er fich uus den Armen feiner Toch 
ter los und schritt gravitätisch nach der 
Tür und hinüber in den-Salon, wo sich 
eben Kandidat Herder, Abschied nehmend, 
vor der Sanitätsrätin verbeugte. 
Als er eintrat, erbleichte der junge, 
und, wie das der Sanitätsrat heute zum 
erstenmal mit einer gewis sen Genugtuung 
bemerkte, auch hübsche Manun. 
Ich wollte mich verabschieden, Hexr 
Santtaͤtsrat, sprach er leise; „denn ich habe 
soeben aus dem Munde Ihrer Frau Ge— 
dhlin zehört daß ich retne voff 
ne dir Donde Vorer Todhterh machen 
arf. — ⸗ 
Woso, woso, junger Mann? Meine 
Frau hat Ihnen gesagt dJa, warum 
sragen Sie nicht gleich bei mir gu Setzen 
Sie sich! In meinem Hause gilt nur ein 
Wille, das ist der meine““ Ein Blick traf 
bei diesen Worten die Sanitätsrätin, die 
⏑ aß und sich 
kaum zu atmen getraute. Sie gefallen 
mir, meine Tochter liebt Sie, Sie sollen 
bas Mädel haben Adelgunde, laß mich mit 
oͤnserem zukünftigen Schwiegersohn allein.“
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.