Volltext: Der Naturarzt 1897 (1897)

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und Idealismus in buntem Widerspiel. Idee und That, Lehre und 
Leben als Eins. Fest gegründet auf die Natur, allem mystischen 
Formelkram abhold. lieber allem der blaue Himmel der Alten: 
,,IJnd die Sonne Homers, siehe, sie lächelt auch uns!“ 
Basedowsche Krankheit. 
Mitgeteilt von Ed. Louis Michel, Gross-Schönau i. Sachsen. 
Frau Karoliiie Schicht aus Warnsdorf i. B. litt an starken Herz 
affektionen, Verdauungsstörungen mit Abmagerung, Anschwellung der Schild 
drüse und Hervortreten der Augen. Mehrere Äerzte konstatierten Basedowsche 
Krankheit und rieten, da es sich um einen schweren Fall handelte, zur 
Operation. Auf Veranlassung mehrerer Mitglieder des Warnsdorfer Naturheil- 
vereins kam die Patientin in meine Behandlung. Ich wandte Ganzpackungen, 
Sitzbäder in milder Form, Kneippsclie Güsse an, verordnete reichliche Be 
wegung in guter Luft, dazu streng fleischlose Kost und hatte die Freude, das 
schwere Nervenleiden im Verlaufe von 6 Monaten vollständig zu beseitigen. 
Im Oktober 1895 entliess ich die Patientin als geheilt und bis heute ist ein 
Blickfall nicht eingetreten, obwohl dies — besonders bei medikamentöser Be 
handlung — sehr oft der Fall ist. 
Ischias oder Hüftweh. 
Heilberichte aus Knochs Kurhaus in Woltersdorfer Schleuse b. Berlin. 
Eine der schmerzhaftesten und in unserem hastenden Zeitalter immer 
häufiger auftretenden Krankheiten ist die Ischias. Sie hat ihren Sitz in den 
Empfinduogsfasern eines aus dem Hüft- oder Kreuzbeinnervengeflecht (plexus 
ischiadicus) entspringenden Nerven, besonders im hinteren Hautnerven des 
Oberschenkels, und wird im chronischen Zustande von den Vertretern der 
symptomatischen Behandlungsmethoden für unheilbar gehalten. 
Während meiner Berliner Praxis, in der ich sehr häufig Gelegenheit 
hatte, Ischias zu behandeln, pflegte ich vornehmlich Sitz- resp. Bumpfbäder 
von 28—35° ft., Dampfkompressen undbeson3ers die bekannte Ischias-Massage 
zur Anwendung zu bringen, selbstverständlich unter Hinzuziehung solcher 
Heilfaktoren, welche zur Hebung des jeweiligen Allgemeinbefindens erforder 
lich waren. Ich erzielte damit befriedigende Besultate, namentlich wenn 
auch die diätetischen Vorschriften befolgt werden konnten. Aber welch ein 
Unterschied in den Erfolgen jetzt hier draussen in Woltersdorfer Schleuse, 
wo ich Licht, Luft und Sonnenwärme in der denkbar reinsten Form habe, 
und früher in dem dunstigen, rauchigen Berlin, wo man diese wichtigsten 
Heilfaktoren so gut wie entbehren muss! 
Nachstehend sei ein Fall geschildert, der von allgemeinem Interesse 
sein dürfte. 
Herr G., 40 Jahre alt, Beamter in der Kanzlei eines der Berliner Ge 
richte, leidet seit vielen Jahreii an chronischer Verstopfung, zu deren Be 
kämpfung er Abführmittel zu gebrauchen pflegt. Bei seiner sitzenden Thätigkeit 
in schlecht ventilierten Bäumen, meist 14—16 Stunden pro Tag, wird das 
Leiden nicht besser, im Gegenteil, es treten bald die Folgezustände ein, wie 
Hämorrhoiden, kalte Hände und Füsse, harter und aufgetriebener Leib, 
Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, mangelhafter Schlaf und, least not least, 
Nervosität; der Körper magert ab, die Haut wird gelb, pergamentartig, und 
der Mann bildet zuletzt so recht den Typus des abgearbeiteten, nervösen, 
körperlich total reduzierten Stubenhockers, einer besonderen Abart der 
Species „homo sapiens“, wie sie das Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität 
in so grosser Zahl produziert.
	        
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