Volltext: Der Naturarzt 1896 (1896)

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Hieraus soll dem strebsamen Arzte durchaus kein Vorwurf ge 
macht werden, es soll ihn, und auch den Patienten, nur zur Vorsicht 
mahnen. Denn es irrt der Mensch so lang er strebt — namentlich, 
wie die Erfahrung gelehrt hat, der Mediziner! 
Scharlach. 
Ton A. Yelitsek, Naturarzt, Besitzer und Leiter der Naturheil-Anstalt Riklibrunn 
in Werschetz (Südungarn). 
In der hydropathischen Behandlung, infektiöser Ausschlags-Erkrankungen 
(auch allen selbst chronischen Krankheitsfällen) spielt das Verhalten der Körper 
haut eine grosse Bolle. Welche Aufmerksamkeit die Veränderungen der Haut 
verdienen, soll ein Fall aus meiner Praxis und zugleich über die Details 
(Einzelheiten) der Indikation (Anzeige) und Wahl der Methoden orientieren. 
Am 27. Oktober verflossenen Jahres berief mich Beichstagsabgeordneter 
Dr. D. S. telegfaphisho rach Detta zu seiner, wie das express zugestellte 
Telegramm lautete, „äusserst gefährlich u kranken Erau. Der verspätete 
Zug brachte mich erst um 5 Uhr abends an’s Krankenlager. Dr. S. teilte mir 
mit, seine Erau sei vor zwei Tagen mit Schüttelfrost, dem leichtes unbeachtetes 
Unwohlsein vorangegangen; zu Bette gegangen, dem Schüttelfrost folgte Hitze, 
und erst, nachdem diese während der Nacht bedeutend zugenommen und wieder 
holt Brechreiz sich zeigte, liess er den Hausarzt Dr. B. rufen, der Scharlach 
mit Diphteritis diagnostizierte. Er, Dr. B. verschrieb zum Einnehmen und 
Gurgeln. 
Der Zustand verschlimmerte sich im Laufe des Tages derart, dass man 
sich veranlasst fand* den renommierten Arzt Dr. med. L. aus Temesvar 
kommen zu lassen, der, die Diagnose Dr. B’s. bestätigend, des, wie er sich 
ausdrückte, „selten schweren Falles und äusserst gefährlichen Zu 
standes“ wegen sofort die Serum Injektion (Einspritzung) vornahm. 
Die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen einsehend, reiste er ab, das 
Operations-Terrain (Feld) seinem Kollegen, dem ersterwähnten Hausarzte, über 
lassend. Die trostlose Lage der Kranken bewogen den Gatten, im Ein 
verständnisse Dr. B.’s meine Hülfe in Anspruch zu nehmen, die Kranke nach 
den Grundsätzen der Naturheilmethode zu behandeln. 
Nach Entgegennahme dieses Berichtes wendete ich mich der Kranken zu, 
die von unserer Gegenwart keine Notiz nehmend, auf mein Befragen, wie es 
ihr gehe, bloss die Worte „mir — ist— heiss!“ matt und Absatzweise hervor 
keuchte. Ich fühlte einen kleinen, jagenden Puls, trockene, brennend heisse 
Haut am Stamme, bis an die Oberschenkel eiskalte Füsse; das in den Mastdarm 
eingeführte Thermometer zeigte 40,1 0 C. bei einer Pulszahl von 138; die 
Bespiration, ein absatzweises, flaches, seufzend hervorgebrachtes Atmen, ergab 
die der Pulsfrequenz und Körpertemperatur gegenüber abnorm geringe Zahl 
von 16—17. Die Inspektion zeigte an den unteren Extremitäten sehr blasse 
iivide Farbe, während die Vorderfläche des Stammes besseres Colorit, aber 
blaue Flecken von verschiedener Grösse zeigte. Mein über die Haut gezogener 
Finger hinterliess überall weisse Streifen. Ein leiser Schauer überkam 
mich — ich hatte genug gesehen. Die Bereitwilligkeit, mit welcher Dr. B. in 
meine Berufung willigte, diese wünschenswert fand, — sie war mir erklärt. 
Mit einem Blicke übersah ich die gefährliche Situation, — ausgebreitete Blut 
stauungen, mächtige Störungen der Wärme-Begulation, Herzschwäche, kurz das 
trostlose Bild des Collaps. Mein Entschluss war rasch gefasst. Vor allem 
musste die übergrosse Herzthätigkeit gemässigt, kräftigere Bespirationen aus 
gelöst, die ungleiche Wärme reguliert, und schliesslich die Störungen in der 
Zirkulation beseitigt, die Blutstauungen behoben und so dem geschwächten 
Herzmuskel die Hindernisse aus dem Wege geräumt werden. Einige Vorsicht
	        
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