Volltext: Der Naturarzt 1896 (1896)

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„Ich überlasse Euch der Verstimmung Eurer Eingeweide, der Verderbnis 
Eurer Galle,“ u. s. w. — „und will, dass Ihr Euch, ehe vier Tage vergehen, 
in einem innerlichen Zustande befindet . . 
„Ich will,“ fährt der Arzt empört fort, „dass Ihr der Bradypepsie an« 
heimfallen sollt, — „Herr Purgon!“ — dass Ihr aus der Bradypepsie in die 
Dypepsie geratet. — Herr Purgon I — Aus der Dypepsie in die Aspepsie . .. 
aus »der Aspepsie in die Lieuterie“ — und schliesslich soll er aus der Hydropsiö 
in die Agonie, in das letzte Lehensstadium 
Die Szene ist sehr dramatisch, weil eben Dr. Purgon kein lächerlichei 
Arzt ist, sondern ein Arzt, der es ehrlich meint, und der an seine Wissen-* 
Schaft und Heilkunst aufrichtig glaubt. Wie das Stück ausgeht, ist wohlbekannt. 
Da Argan durchaus einen Arzt bei sich will, so wird er selbst . . . zum Arzt 
gemacht. Beralde schlägt ihm es vor; und da der eingebildete Kranke 
bemerkt, er sei zu alt, zu studieren: 
„Ei *was, studieren!“ erwidert Beralde. „Du bist gelehrt genug, und es 
giebt viele unter den Aerzten, die nicht so viel wissen als du.“ 
Also wird die Zeremonie in dem eigenen Hause Argans stattfinden, und 
nun fängt die ausserordentlichste Posse an, welche die französische dramatische 
Litteratur überhaupt hat: die ergötzlichen Parodieen der Zeremonieen, die der 
Praustive zum Arzt vorangingen. Moliere hat karrikiert; alles ist sonst den 
wirklichen, damaligen Sitten entnommen, die drei Schnüre, das dreifache Juro, 
die Bolle des Präses, des Bachelieres, ja die Geigen, die den Zug eröffnen und 
die den Gebräuchen der Fakultät von Montpellier entlehnt sind. Nie hatte 
Moliere die Aerzte und die Medizin so scharf und so unbarmherzig parodiert, 
als in dieser höchst komischen Zeremonie und in dem ganzen Stück. Der nichts 
wissende Argan als Arzt! Konnte die Fakultät Moliere diesen fürchterlichen 
Streich verzeihen? 
Es war aber der letzte. Krank, an der Brust leidend, von Sorgen er 
schöpft, spielte der grosse Dichter den eingebildeten Kranken Argan selbst den 
17. Februar 1673 zum letzten Mal. Den ganzen Abend hatte er sein Leid 
überwinden müssen, um die Bolle bis zum Ende spielen zu können; und der 
Dichter, dessen Herz Schmerzen und Sorgen zerrissen und dessen Körper die 
Krankheit abzehrte, erregte noch im Publikum durch sein Spiel ein stürmisches 
Gelächter. Beim Aussprechen eines der drei Juro bekam er einen Blutsturz: 
man musste ihn wegtragen. Eine Stunde darauf starb er in seiner Wohnung: 
zwischen zwei barmherzigen Schwestern, welchen er in seinem Hause ein Obdach 
gewährt hatte. 
Briefkasten. 
Kranker in R. Herr Oberst Spohr weilt vom 1. August bis Ende September d. J. 
im Auslande und ist für Briefe nicht erreichbar. 
N. in M. Gewiss, die Halbmonatsschrift „Gesunde Kinder“ stehfc ganz auf 
unserm Boden. Der Bedakteur Dr. H. Moeser ist der Arzt unseres Ofienbacher 
Vereins. Probenummern sendet Ihnen derselbe gewiss gern zu. 
L. in R. Die Strophe: „Wie ist es doch gesund, auf Speisen, die da nähren, 
zu Zeiten frisches Obst erquicklich zu verzehren!“ ist, wenn ich nicht irre, von dem 
schlesischen Dichter Logau (1605—1655). A. D. 
Frager zu Philos Artikel. Wie können Sie nur annehmen, dass unter dem betr. 
Ausdruck der Vegetarismus gemeint sei! 
M. Lübeck. Es ist nicht leicht, in einem solchen Fall, ein entscheidendes Urteü 
zu fällen, aber ich möchte wohl sagen, dass die ganz kalten Umschläge allein ohne 
weitere Anwendung anderer Massnahmen der Naturheilkunde wohl dem Patienten ge 
schadet haben können. Dr. Sch. 
Schluss der Bedaktion: 16. Juli. 
Verantw. Redakteur: Dr. med. Schulze, pract. Arzt in Berlin. 
Commissions-Verlag und Druck you Wilhelm Möller, Berlin S., Prinzenstr. 95.
	        
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