Volltext: Der Naturarzt 1894. (1894)

248 
kannter Komiker einmal nannte, dehnen die Grenze des Vergnügens immer 
weiter aus, ohne einen Nutzen zur Absicht zu haben. Man muss daher 
einem ausschweifenden und nach dem Genuss solcher Dinge lüsternen 
Appetit mutig widerstehen und dessen Klagen und Winseln für lächerlich 
und kindisch halten. Jener Gigerl, der sich fürchtet, seinem Freund oder 
dem Dienstpersonal es merken zu lassen, dass er sich von einer Ueber- 
ladung her übel befindet und sich heute schämt, zu gestehen, dass er sich 
den Magen verdorben hat, der wird morgen zu noch grösserer Beschämung 
eingestehen müssen, dass er Durchfall, Bauchschmerzen und Fieber hat. 
Wie das stumpfe Messer immer wieder der Schärfung bedarf, so müssen 
auch solche üppig lebenden Leute beim Essen ihren Magen immer und 
immer wieder reizen, sei es durch Wein, Essig oder Gewürze. Wer beim 
Plato speist, hat auch noch am anderen Tage Appetit. Nicht zu ver 
wundern ist daher, dass diejenigen, welche von den einfachsten und billigsten 
Speisen leben, auch die kräftigsten Menschen sind. Das aller vortrefflichste 
und angenehmste Gewürz, welches alle Gerichte angenehm und geniessbar 
macht, ist die Gesundheit. 
Mässigkeit ist in gesunden, wie kranken Tagen das allerbeste. Vieles 
Essen bringt Schwächliche und Greise in kurzer Zeit, ins Grab, noch 
schneller in der heissen Jahreszeit, als im Winter. Daher stellte auch der 
reichste Mann in Born, L. Lucullus, einen Sklaven an, welcher auf ihn in 
dieser Hinsicht Acht geben musste. Dieser hielt ihm die Hand dann jedes 
mal fest, wenn er genug genossen hatte. Dies that der Sklave sogar beim 
Triumphschmaus des Lucullus, als dieser als Greis auf dem Capitol speiste. 
Beschämend nur war für Lucullus der Umstand, dass er seinem Sklaven 
eher folgte, als der Stimme seiner Natur. — 
Eine Hauptregel bei der Ernährung ist daher, wenig auf einmal und 
lieber öfters zu essen, worauf man bei Patienten stets zu achten hat. Ebenso 
wie der Funke durch Nachlegen von viel Holz zerstört wird, die verlöschende 
Oelfunzel durch Aufgiessen von viel Oel ganz ausgeht, durch weniges und 
allmähliches Hinzuthun sich aber erholt, ebenso erholt sich ein Abgemagerter, 
Geschwächter, Blutarmer nur durch die öftere Einführung kleiner Nahrungs 
mengen. „Der Bauch hat keine Ohren“, wie Cato sagt, und deshalb sind 
die strengsten Vorschriften bezüglich des Essens und Trinkens sehr ange 
bracht. 
Das Beste ist oft, und eins unserer Hauptheilmittel in den meisten 
Krankheiten, di e Enthaltung jeglicher Speise. Enthaltung der Nahrung 
beobachten auch die kranken Thiere, z. B. die Wölfe und die Löwen. Nie 
sollte man in den ersten Tagen von Krankheiten, besonders aber von acuten 
Fiebern etwas essen, damit der Körper Zeit hat, mit den alten Ueberresten 
und schlechten Stoffen fertig zu werden und sie zu verdauen. Die Speise 
ist nur in einen möglichst gesunden Körper einzuführen; sie verdirbt nicht 
so leicht, wenn sie in einen gesunden Organismus kommt. Den Kranken 
ist das Fasten auch ganz angenehm, denn sie haben fast alle einen Wider 
willen gegen die Speisen. 
Briefkasten. 
Tannenbergsthal (?) Karte durchaus unleserlich. 
X. Statt in dieser Weise . gegen den Sprechsaal-Artikel zu „protestieren“, 
nätten. Sie lieber einen kurzen Gegen-Artikel schreiben sollen. 
Schluss der Redaktion: 16. Juli. 
Verantw. Kedakteur: Dr. med. Schulze, pract. Arzt in Berlin 
Coromissions-Verlag: Gustav Schulir, Berlin. Druck: Wilhelm Issleib (Inhaber: Gustav Schuhr) 
Berlin SW., Wilhelmstr. 119|20. 
1 Inseraten-Beilage.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.