Volltext: Der Naturarzt 1885 (1885)

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hervorgehoben — sie hat dadurch die nichtpriv iLegirte Konkurrenz schwer 
getroffen. Nur der hat Anspruch an die Krankenkasse, der von dem Privi 
leg i r t e n Staatsmediziner sich seine Krankheit bescheinigen und die von ihm 
beliebten Kuren mit sich vornehmen läßt, mögen dieselben ihm nun Schaden 
oder Nutzen bringen; er verliert jeden Anspruch an lie Kasse, wenn er 
eine andere Heilmethode anwendet. Dieser Zwang ist noch lästiger, als 
die Entrichtung des mäßigen Beitrags, und ist ein charakteristisches Zeichen 
unserer Zeit. Die Parteilichkeit der Gesetzgeber und Regierungen für 
die Staatsmediziner trotz deren oft eklatanten Leistungsunfähigkeit 
(Diphtheritis, Cholera, Schwindsucht re.) und die Rigorosität gegen alle ketze 
rischen Bestrebungen, das Totschweigen der Wahrheit und Begünstigung der 
Lüge und des Schwindels bringt immer traurigere Früchte, für die unsere 
Vormünder freilich kein Auge haben. 
Anmerkung der Redaktion. 
Hierzu muß ich bemerken, daß es mir schon mehrfach vorgekommen ist, daß mich Arbeiter 
konsultirten, nachdem sie vorher bei ihrem Mediziner vergeblich Hilfe gesucht und 
bei dieser Gelegenheit mir erzählten, daß sie gezwungen seien, denselben zu konsultiren^ 
weil sie sonst keinen Anspruch an die Krankenkasse machen dürften, in die sie doch regel 
mäßig ihren Beitrag zahlen müßten! Eine Reklamaiion helfe ihnen nichts, da die, Mehr 
zahl der Beitragzahlenden eben noch dem Arznei glaub en anhängen und eine Ände 
rung der Statuten daher zur Zeit nicht durchzufichren sei, nämlich diese: „Daß jeder sich 
kuriren lassen dürfe, von w em er w olle!" 
Aber die Ursachen non Katarrh, Husten und LungenenhundnnK 
sowie Verhütung und ar;nLiloser Behandlung derselben der 
kleinen Kindern. 
Bon einem Familienvater, 
welcher trotz aller Belehrung der Mutter und des Kindermädchens über vernünftige, 
naturgemäße Behandlung diese Krankheiten bei feinen 2 Kindern erlebt hat. 
Aus lauter Liebe und verkehrter Sorgfalt halten nämlich die Mütter die 
Säuglinge viel zu warm und sind besonders im Winter und Frühjahr 
beim Fahren im Kinderwagen ins Freie sehr besorgt, daß das Kindchen nicht 
friere und sich nicht erkälte. Zu dem Zwecke wird der Kinderwagen resp. 
Unterbett. Decke und Kissen vorher mit Bettflasche durchwärmt, dann werden 
dem Kinde, das sonst im Bette doch keine Strümpfe anhat, lange wollene 
Strümpfe angezogen, außerdem aber wollene Handschuhe und wollene Haube. 
Mein ganz in Wolle gekleidetes Kind bekam in der tatteren Jahreszeit außer 
dem Hemdcheu und Kittelcheu bei der Fahrt ins Freie noch ein Unterröckchen 
und einen langen Überrock. damit man es eventuell aus dem Wagen 
nehmen und herumtragen kann. Zum Zudecken dieses für den strengsten 
Winter warm genug angezogenen Kindes würden nun gewiß eine oder zwei 
wollene Decken genügen; die Mutter läßt es sich aber unter allen möglichen 
Vorwänden, wie: „das Bett resp. der Wagen steht so leer aus", „alle anderen 
Kinder sind auch so zugedeckt" re. nicht nehmen, das Kind außer einer Woll 
decke noch mit einem dicken Federbette in Baumwollenüberzug zu bedecken, 
resp. den Wagen damit ganz vollzustopfen und schließlich darüber ganz schön 
glatt einen farbigen baumwollenen Bettüberwurf zu breiten. Geht ein kalter 
Wind, so wird natürlich das Kind möglichst tief hinuntergesteckt und die Bett 
vorhänge noch zugezogen, damit das Kind die Nase nicht erfriert! Das
	        
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