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hervorgehoben — sie hat dadurch die nichtpriv iLegirte Konkurrenz schwer
getroffen. Nur der hat Anspruch an die Krankenkasse, der von dem Privi
leg i r t e n Staatsmediziner sich seine Krankheit bescheinigen und die von ihm
beliebten Kuren mit sich vornehmen läßt, mögen dieselben ihm nun Schaden
oder Nutzen bringen; er verliert jeden Anspruch an lie Kasse, wenn er
eine andere Heilmethode anwendet. Dieser Zwang ist noch lästiger, als
die Entrichtung des mäßigen Beitrags, und ist ein charakteristisches Zeichen
unserer Zeit. Die Parteilichkeit der Gesetzgeber und Regierungen für
die Staatsmediziner trotz deren oft eklatanten Leistungsunfähigkeit
(Diphtheritis, Cholera, Schwindsucht re.) und die Rigorosität gegen alle ketze
rischen Bestrebungen, das Totschweigen der Wahrheit und Begünstigung der
Lüge und des Schwindels bringt immer traurigere Früchte, für die unsere
Vormünder freilich kein Auge haben.
Anmerkung der Redaktion.
Hierzu muß ich bemerken, daß es mir schon mehrfach vorgekommen ist, daß mich Arbeiter
konsultirten, nachdem sie vorher bei ihrem Mediziner vergeblich Hilfe gesucht und
bei dieser Gelegenheit mir erzählten, daß sie gezwungen seien, denselben zu konsultiren^
weil sie sonst keinen Anspruch an die Krankenkasse machen dürften, in die sie doch regel
mäßig ihren Beitrag zahlen müßten! Eine Reklamaiion helfe ihnen nichts, da die, Mehr
zahl der Beitragzahlenden eben noch dem Arznei glaub en anhängen und eine Ände
rung der Statuten daher zur Zeit nicht durchzufichren sei, nämlich diese: „Daß jeder sich
kuriren lassen dürfe, von w em er w olle!"
Aber die Ursachen non Katarrh, Husten und LungenenhundnnK
sowie Verhütung und ar;nLiloser Behandlung derselben der
kleinen Kindern.
Bon einem Familienvater,
welcher trotz aller Belehrung der Mutter und des Kindermädchens über vernünftige,
naturgemäße Behandlung diese Krankheiten bei feinen 2 Kindern erlebt hat.
Aus lauter Liebe und verkehrter Sorgfalt halten nämlich die Mütter die
Säuglinge viel zu warm und sind besonders im Winter und Frühjahr
beim Fahren im Kinderwagen ins Freie sehr besorgt, daß das Kindchen nicht
friere und sich nicht erkälte. Zu dem Zwecke wird der Kinderwagen resp.
Unterbett. Decke und Kissen vorher mit Bettflasche durchwärmt, dann werden
dem Kinde, das sonst im Bette doch keine Strümpfe anhat, lange wollene
Strümpfe angezogen, außerdem aber wollene Handschuhe und wollene Haube.
Mein ganz in Wolle gekleidetes Kind bekam in der tatteren Jahreszeit außer
dem Hemdcheu und Kittelcheu bei der Fahrt ins Freie noch ein Unterröckchen
und einen langen Überrock. damit man es eventuell aus dem Wagen
nehmen und herumtragen kann. Zum Zudecken dieses für den strengsten
Winter warm genug angezogenen Kindes würden nun gewiß eine oder zwei
wollene Decken genügen; die Mutter läßt es sich aber unter allen möglichen
Vorwänden, wie: „das Bett resp. der Wagen steht so leer aus", „alle anderen
Kinder sind auch so zugedeckt" re. nicht nehmen, das Kind außer einer Woll
decke noch mit einem dicken Federbette in Baumwollenüberzug zu bedecken,
resp. den Wagen damit ganz vollzustopfen und schließlich darüber ganz schön
glatt einen farbigen baumwollenen Bettüberwurf zu breiten. Geht ein kalter
Wind, so wird natürlich das Kind möglichst tief hinuntergesteckt und die Bett
vorhänge noch zugezogen, damit das Kind die Nase nicht erfriert! Das