Volltext: Der Naturarzt 1876 (1876)

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Richtig dagegen ist , was Verfasser über Behandlung von a st st e n i s ch e n und 
st h e n i s ch e n acuten Erkrankungen und die Mißgriffe anfiihrt, die hier 
namentlich von seinen gelehrten approbirten Collegen begangen werden. Er sagt: . „Die 
Quantität der noch vorhandenen Lebenskräfte in entzündlichen Krankheiten gleicht 
einer verlöschenden Flamme und ist als Fonds zu betrachten zur Beschaffung 
besserer Kräfte. Und ebenso wie man einen Theil jener Flamme, aber auch nur einen 
Theil derselben verwenden darf zur Entzündung eines compacteren Brennmaterials, 
wenn man durch Ueberanstrengung der ganzen Flamme dieselbe nicht ganz verlöschen 
sehen will, ebenso dürfen die R e i z m i t t e L, durch welche die darniederliegende N e r Ven 
en e r g i e bei asthenischen Erkrankungen gehoben werden soll, nicht den ganzen 
K r ä f t e v o r r a t h in Anspruch nehmen. Erst mit der Anfachung einer stärkeren 
Lebensstamme darf ein größerer Theil derselben zur Verwendung kommen oder, mit 
anderen Worten : erst nach Hebung der N e r v e n e n e r g i e kann das Ner 
vensystem stärkere Reize vertragen. 
Demzufolge kann in a st h e n i s ch e n acuten Krankheiten nur eine m ö g l i ch st 
dünne S ch i ch t k a l t e n Wassers vor: n i e d r i g e r T e m p e r a t u r a u f E i n - 
mal, dafür aber aus desto kürzere Zeit zur Anwendung kommen, deshalb nur 
die Form von „Einpackung " und überdies in stark a us g e w und enem Lein 
tuche, ja man muß sich manchmal anfangs wegen der hohen xrostratio virium nur 
mit einer flüchtigen Abwaschung mit kaltem Wasser begnügen, wogegen 
man bei st h e n i s ch e n Processen das Leintuch nässer läßt, ja 2 und 3 nasse Lein 
tücher auf einmal in die Kotze geben kann, 
VE" Asthenische und sthenische acute Erkrankung, was 
heißt das? Prof. Dr. Wagner hat in seinem „Handbuch der allgemeinen 
Pathologie" diese Ausdrücke nicht mehr im Gebrauch; sie gehören einer älteren 
Zeit an; der Engländer Brown hatte sie in die Medizin eingeführt und be 
zeichnete mit Asthenie eine zu schwache Erregung, mit Sthenie 
das Gegentheil, eine zu starke Erregung. 
2. Bei Nervenkrankheiten; mögen dieselben nun in groben mate 
riellen Veränderungen oder nur in f u n c t i o n e l l e n Anomalien bestehen, 
mögen sie centraler oder peripherischer Natur sein. 
Bei der Wahl der Behandlungsweise diene als Richtschnur im Allgemeinen der 
Umstand, ob man es mit einer krankhaft erhöhten oder aber mit einer ernied 
rigten N e r v e n e r r e g b a r k e i t zu thun hat; int ersten Falle empfehle sich die 
Anwendung von hochtemperirtem kalten (?) Wasser (giebt' s denn das 
auch? Ich dächte, wenn hochtemperirt, dann ist das Wasser warm und nicht mehr kalt! 
G. W.) und zwar in solchen Formen, bei denen man auch den mechanische n Reiz 
und jede bedeutende Wärmeentziehung zu meiden im Stande ist; im zw eiten Falle ist 
wieder ein entsprechend erregendes Verfahren am Platze. Verfasser fügt dann noch hinzu, 
daß man nicht erwarten dürfe, daß die B e s s e r u n g solcher Kranken immer in gerader 
Linie fortschreite; nicht in geraden Linien nehmen die chronischen Krank 
heiten zu und folglich können sie auch nicht in gerader Linie abnehmen; die Besserungs 
linie ist vielmehr immer eine wellenförmige; auch sonst in der Natur beobachtet 
man ja das Gleiche; die Uebergänge vom Winter zum Frühjahre und zum Sommer, die 
vom Sommer zum Winter sind gleichfalls wellenförmige, die Uebergänge vom Gebirge 
zur Ebene sind es nicht minder; so steht's auch mit den chronischen Krankheiten; 
erst wenn binnen eines Langen Zeitraumes die nachfolgenden Wellen der Besserung sich 
größ'er darstellen, als die vorangegangenen, und die Thäler der Verschlimmerung ge 
ringer, erst dann, aber auch nur dann darf man eine Besserung constatiren. 
3. Bei chronischen Katarrhen aller Organe und Formen. 
Vers. sagt hier, daß bei M a g e n - und Darmkatarrhen die Thermo- 
therapie mit Recht gerühmt werde; minder bekannt jet aber, daß 10 chronische Bron 
chialkatarrhe sich rascher beseitigen lassen, als ein einziger ordentlicher 
Magenkatarrh; freilich dürfe man dabei keine Kaltwasserkuren treiben, sondern 
müsse die feuchte Wärme in Form von fördernden Umschlägen fleißig auf den Thorax 
einwirken lassen. 
Von Blasenkatarrhen wissen die Lehrbücher der Medizin in der Regel zu erzählen, 
daß sie sich n i e vollständig heilen lassen, allein auch diese schlechte Prognose müsse dahin 
richtig gestellt werden, daß sie sich thermisch in der Regel vollständig heilen lassen. 
Die Behandlung aller chronischen Katarrhe erfolge in seiner Anstalt mit lokal fördern 
de n Umschlägen und mit allgemeiner Diaphorese, also mittelst der dreigliederigen sör-
	        
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