Volltext: Geschichte des salzburgisch-oberösterreichischen K.u.k. Infanterie-Regiments Erzherzog Rainer Nr. 59 für den Zeitraum des Weltkrieges 1914 - 1918

wegen des widerlichen Geruches und des Mangels entsprechender Zutaten ungenießbar. 
Immer mehr kam Dörrgemüse, das bei fettloser Zubereitung keinen Anklang finden konnte. 
Vereinzelt wurde Wein zugewiesen, ein minderwertiges Kunsterzeugnis, bezeichnenderweise 
„Etappensaure" genannt. Die Erhöhung der Brotgebühr auf 63g Gramm machte sich praktisch 
nicht fühlbar. Vom Oktober an gab es auch fleischlose Tage. 
Aller Bemühungen ungeachtet blieben die Erfolge der Einkaufoffiziere ziemlich erfolglos. 
Schließlich waren nur noch kleine Mengen minderwertiger Fische und ebensolcher Käse, ver¬ 
schiedene Grüngemüse, namentlich Kraut und Kürbis aufzutreiben, wozu aber Fett fehlte, das 
vom Markt gänzlich verschwunden war. Die Not wurde immer größer. Sogar die so schlechten 
Uniformen wurden den Toten nicht mehr belassen, die man unbekleidet in die Grube senkte. 
Nur Salz, Essig, Zigarettenpapier, Zünder, Feldpostkarten und Gebrauchspapier waren noch 
immer in reichlicher Menge zu haben. 
Einmal wies die Intendanz der 11. Armee in Würdigung der schlechten Berpflegslage 
dem Regiment einen Waggon polnischer Kartoffeln zu. Beim großen Bedarf hielt die er¬ 
wünschte Aushilfe nicht lange vor. Schon im August hatten die Klagen über unzureichende 
Verpflegung der Truppen die Heeresleitung veranlaßt, die Aufstellung von Menagekommissio¬ 
nen bei allen Truppenkörpern anzuordnen, um der Mannschaft Gelegenheit zu geben, in die 
schwierigen Berpflegsverhältnifse Einblick zu nehmen und die Menagewirtschaft durch rege 
Mitarbeit bei der Aufbringung von Lebensmitteln zu unterstützen. Die Vertrauensleute, Vor¬ 
läufer der späteren Soldatenräte, wurden von jeder Unterabteilung auf drei Monate gewählt. 
Sie brachten wohl Wünsche und Anregungen vor, wurden den Einkaufoffizieren beigegeben, 
doch verliefen die daran geknüpften Erwartungen im Sande. Die furchtbare Not war eben 
stärker als der beste Wille. Erst im Oktober trat eine kleine Linderung ein, da die reiche 
Weinernte jedem Gelegenheit bot, sich um wenig Geld an Trauben satt zu essen. 
Als der Zusammenbruch das Regiment im Valsugana ereilte, war es dem Proviant¬ 
offizier klar, daß nur eine möglichst gute Verpslegsvorsorge den geschlossenen Rückmarsch 
ermöglichen konnte. Das noch nicht geplünderte Verpflegsdepot in Borgo mit seinen reich¬ 
lichen Schlachtviehvorräten bot die Gelegenheit hiezu. Mit vollbeladenen Trainsuhrwerken 
und 5V Schlachttieren wurde der Marsch nordwärts angetreten. 3n Eavalese konnte überdies 
auch Brot gefaßt werden. In aller Eile wurden die Rücklaßdepots geleert und es gelang dem 
Oblt. Dr. Kis und Lt. Dörre durch Tatkraft und Umsicht, die beiden Transporte aus Trient 
und Borgo durch das heillose Gewirr auf den Bahnen bis nach Salzburg durchzubringen. 
In Bozen fehlte es nicht an Lebensmitteln, Getränke und Rauchmaterial stellten die 
Stadtverordneten bei. Brot mußten die Truppenbäcker erzeugen. Auf dem Bahnhof lag eine 
Mehlreserve für den kommenden Winter, 3V Waggons. Durchziehende Truppen und Zivil¬ 
bevölkerung begannen zu plündern. Hierauf wurde Hptm. Luschin mit der Ausgabe betraut, 
die in geregelte Bahnen kam, allerdings unter Mitwirkung von je einem Maschinengewehr 
bei jedem der beiden Eingänge. So konnten die Truppen befriedigt, aber auch namhafte Werte 
für die Stadt gerettet werden. 
Während des Rückmarsches waren nicht leicht zu entbehrende Ausrüstungsgegenstände 
verlorengegangen, die wegen des Abschubes des Trainvorrates nach Salzburg nicht ersetzt 
werden konnten. Run erinnerte sich der Proviantoffizier, daß sich in Sigmundskron ein großes 
Monturdepot befand, doch standen dazwischen bereits die italienischen Borposten. Ein Tele¬ 
phonist meldete sich, der einen Dienstzettel zur Ausfolgung der benötigten Gegenstände dem 
italienischen Kommandanten überbringen wollte. Wirklich erhielt er freies Geleit und konnte 
freudestrahlend mit der Fassung zum Regiment zurückkehren. 
Bei der Übernahme von Bozen sollten die Italiener auch die Bäckerei mit allen Vor¬ 
räten übernehmen. Doch wurden in aller Früh vier Lastautos aufgetrieben, die mit dem Über¬ 
schuß in das hungernde Hinterland abgingen. Ob die gutgemeinte Tat ihren Zweck erfüllte, 
ist freilich unbekannt. 
Beim Berlassen der Stadt betrug der Verpflegsstand rund 100 Offiziere, 1646 Mann, 
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