Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

Grundsätzliche Darlegungen über die Kriegführung. 
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Erschütterungen für den weiteren Kriegsverlauf möglichst lahmzulegen, 
andererseits England zum vorzeitigen Einsatz seiner gesamten Kräfte zu 
reizen. 
„Beides ist gelungen, nicht so, wie es gehofft wurde — das geschieht 
im Kriege fast nie — aber doch in erträglichem Maße. Dies bedarf keines 
weiteren Beweises für den, der sich vergegenwärtigt, was vermutlich erfolgt 
wäre, wenn Frankreich die starke Viertelmillion erprobter Soldaten, die es 
vor Verdun mehr verloren hat als wir, noch an der Somme oder sonstwo 
hätte eingreifen lassen können, und wenn England seine Offensive erst jetzt 
begonnen haben würde, nachdem wir unsere Reserven im Westen zugunsten 
des Ostens so außerordentlich haben schwächen müsien. Hiernach ist nicht 
wohl zuzugeben, daß die unerwartete Widerstandskraft Frankreichs einen 
Plan, der, wie gesagt, gar nicht bestand, zum Scheitern gebracht habe". 
General von Falkenhayn ging dann ausführlich auf die Kriegführung 
gegen Rußland und die Frage einer Schwerpunktsverlegung nach dem 
Osten ein: 
„Ebensowenig kann von einer überraschenden Stoßkraft Rußlands 
gesprochen werden. Wo immer die neugebildeten russischen Massen auf 
deutsche Truppen gestoßen sind, haben sie trotz ungeheurer Überlegenheit 
bisher kläglich abgeschnitten. Die Russen haben sich nicht mehr verbessert, 
als die deutsche Oberste Heeresleitung annahm. Der Fehler in unserer 
Rechnung liegt vielmehr darin, daß wir unsere Verbündeten zu hoch ein- 
geschätzt haben. Sie sind weit geringwertiger geworden, als wir es nach 
den zahlreichen uns zugegangenen Berichten der österreichisch-ungarische 
Truppen befehligenden deutschen Kommandeure und vieler an die öfter- 
reichische Front zu Kontrollzwecken entsendeten deutschen Offiziere je ver- 
muten konnten. Diese Tatsache ist unbestreitbar, die Folge, die daraus 
gezogen werden muß, aber nicht, daß die militärische Kriegsentscheidung 
jetzt mehr als je im Osten liegt, sondern einfach die, daß wir die wankenden 
Bundesgenossen ausreichend zu stützen haben, um die Russenflut zum 
Halten zu bringen. Dies ist seitens der Obersten Heeresleitung in den 
Grenzen des Möglichen rechtzeitig, ohne daß eine Anregung von außen 
nötig gewesen wäre, geschehen, weil es sich eben um eine Selbstverständlich- 
keit handelt. Die wiederholte Betonung und Unterstreichung dieser Selbst- 
Verständlichkeit aber ist nicht nur bedenklich, sondern in meinen Augen sogar 
nach vielen Richtungen höchst gefährlich. So ist sie zunächst geeignet, bei 
den Laien den Gedanken zu erwecken oder zu stärken, wir seien überhaupt 
imstande, Rußland entscheidend militärisch niederzuringen. Das ist aber 
heute ebensowenig der Fall, wie es vom vierten Tage des Krieges ab der 
Fall war. Bei den Zahlenverhältnissen, dem Druck auf unsere West- und
	        
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