Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

Grundsätzliche Darlegungen über die Kriegführung. 
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einem bestimmten Verhältnis zu teilen, ist ein Traum. Unaufhörliche Aus- 
gleiche durch die Oberste Heeresleitung, die sich bis auf die kleinsten Ein- 
heilen erstrecken müssen, sind allein imstande, das fortwährend schwankende 
Gleichgewicht zu erhalten. Daß die hierbei naturgemäß entstehenden Rei- 
Hungen bis fast zur Unüberwindlichkeit gesteigert werden, wenn sich in 
weiten oder einflußreichen Kreisen vorgefaßte Meinungen festsetzen oder 
wenn gar versucht wird, für rein militärische Entschlüsse andere wie mili- 
tausche Rücksichten geltend zu machen, liegt auf der Hand. Auch bisher ist 
es nur mit Mühe durch straffste Leitung gelungen, der Reibungen Herr 
zu werden und zu bleiben. Cs wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht der 
Oberste Kriegsherr, wo es darauf ankam, die ganze Wucht seiner Person- 
lichkeit in dieser Richtung eingesetzt hätte. Je länger aber der Weg währt, 
um so fester muß die Leitung werden, denn die Schwierigkeiten der Lage 
wachsen von selbst mit der Dauer. Alles, was die Leitung zu lockern droht, 
ist nicht nur vom Mel, sondern droht uns Verderben zu bringen . . ." 
Das war weit mehr als eine nur für den Kanzler bestimmte Antwort 
des Generalstabschefs, es war eine Art Generalabrechnung mit den zahl- 
reichen, auf seinen Sturz bedachten Gegnern. Man hat den Eindruck, als 
ob General von Falkenhayn angesichts aller im Laufe des letzten halben 
Jahres ihm widerfahrenen Enttäuschungen und Fehlschläge und der daraus 
entstandenen Erschütterung seines Ansehens noch einmal mit der ganzen 
ihm verbliebenen geistigen und seelischen Spannkraft den Nachweis führen 
wollte, daß nicht er, sondern die Verhältnisse die Schuld an allen Miß- 
erfolgen trügen. Es war eine geschickt abgefaßte Rechtfertigungsschrift, 
wenngleich manche ihrer Feststellungen auch erheblich anders gesehen werden 
konnten. Man geht kaum fehl in der Annahme, daß General von Falken- 
Hayn mit ihr letzten Endes den Zweck verfolgte, in der entstandenen Ver- 
trauenskrise dem Obersten Kriegsherrn die Überzeugung beizubringen, daß 
er als Generalstabschef weiter sehe als alle anderen, daß er im Gegensatz 
zu seinen Widersachern allein die Schwere der Lage begreife und ihrer 
Herr sei. 
Der Versuch des K a n z l e r s, sich in den Lauf der Dinge ent- 
scheidend einzuschalten, mißglückte. Am 21.August, demselben Tage, an 
dem der Generalstabschef das vorstehende Schreiben an ihn richtete, hatte 
er sich ins Große Hauptquartier nach Pleß begeben. Ob es dort zur Aus- 
spräche beider gekommen ist, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls teilte der 
Kanzler noch am gleichen Tage in einem Telegramm an Staatssekretär 
von Iagow mit, daß General von Falkenhayn die Gesamtlage „sehr ernst" 
beurteile, doch keinen Grund zur Hoffnungslosigkeit sähe. „Größte Sorge 
Weltkrieg. X. Band. 41
	        
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