140 Die Entwicklung der Lage aus dem Balkan bis zum September 1915.
«auflttfti9i4. zu können, denn „eine größere Schlappe gegen das kleine Serbien",
so war die Meinung, „war zweifellos viel verhängnisvoller als ein Mi߬
erfolg gegen das übermächtige Zarenreich; sie untergrub das Ansehen
Ssterreich-Ängarns in den Augen der ganzen Welt, insbesondere aber auf
dem Balkan, wo man eines Erfolges zur Werbung von Bundesgenossen
so sehr bedurfte"). Generaloberst von Moltke sah in der Führung des
Kampfes gegen Serbien in Übereinstimmung mit der österreichifch-ungari-
schen Heeresleitung eine ausschließliche Angelegenheit der Donau-
Monarchie. Daß allerdings deren Kräfteeinsatz gegen Rußland darunter
nicht leiden dürfe, hatte er bereits am 31. Juli klar zum Ausdruck gebracht^).
Der Landeschef von Bosnien und der Herzegowina, Feldzeugmeister
Potiorek, übernahm den Oberbefehl über die Truppen der Balkan-
Front. Cr erwartete einen serbischen Vorstoß auf Serajevo, den er im
Gegenangriff abfangen wollte. Die Heeresleitung stellte ihm am 4. August
die „Mindestaufgabe", Einbrüche in das Gebiet der Monarchie abzu-
wehren; doch wäre ein erfolgreicher Schlag gegen den serbischen Vorstoß
von größter Bedeutung, örtliche Mitwirkung der 2. Armee, deren Ab-
transport voraussichtlich am 18. August beginnen sollte, wurde in Aussicht
gestellt. Als dann der serbische Vorstoß auf sich warten ließ, entschloß sich
Feldzeugmeister Potiorek seinerseits zum Vorgehen und fand auch dazu das
Einverständnis der Heeresleitung, die am 14. August die Verantwortung
für die ganze Anlage der Offensive^) übernahm. Am die Anwesenheit der
2. Armee auszunutzen, war Eile geboten. Die 5. Armee im Norden sollte
daher fünf Tage früher über die Drina vorbrechen als die noch nicht angriffs-
bereite 6. Armee im Süden; die 2. Armee mußte den Bahnendpunkten in
Syrmien nahebleiben. Man hoffte, ihre bloße Anwesenheit werde genügen,
den Feind von der Vereinigung stärkerer Kräfte gegen die 5. Armee ab-
zuhalten. Die Serben aber, deren Operationen Kronprinz Alexander mit
Woiwode4) Putnik als Generalstabschef leitete, zeigten sich kühner als
erwartet. Sie warfen der ö. Armee starke Kräfte entgegen und gewannen,
nachdem eine Division dieser Armee bereits am 16. August im Kampfe völlig
zusammengebrochen war, zahlenmäßig die Oberhand. Bevor die 6. Armee,
deren Aufmarsch sich verzögerte, unterstützend in den Kampf einzugreifen
vermochte, mußte die 5. Armee über den Grenzfluß zurückweichen. Sie hatte
23 000 Mann verloren, die Serben 16 000 Mann. Am 25.August stand
kein österreichifch-ungarifcher Soldat mehr auf serbischem Boden.
i) Öftere, amtl. Werk. I, S. 95.
-) Band II, S. 28 f.
s) Conrad, IV, S. 385; öftere, amtl. Werk, I, S. 102.
4) Höchster militärischer Dienstgrad in Serbien, etwa — Generalfeldmarschall.