Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [2]. Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß (8. 1932)

596 Die russische Oberste Führung vom September bis Dezember 1915. 
September 
und Oktober. 
Dezember. 
Glaube an den Erfolg Truppen und Führer zu gänzlich anderen'"). Daß 
ihr Angriff die erhebliche Veute von mehr als 70 000 Gefangenen und 
37 Geschützen brachte und im Oktober auch bei Baranowicze ein Erfolg 
erreicht wurde"), hob trotz der Niederlage im Norden und späteren Rück¬ 
schlages bei Luck das Zutrauen der Obersten Heeresleitung. Cs stand all¬ 
mählich fest, daß die deutsche Heeresleitung begonnen hatte, zahlreiche Ver¬ 
bände, die bisher gegen Rußland kämpften, an andere Fronten abzubefördern. 
Bis zum Oktober zählte man sieben Divisionen, die nach dem Westen, neun, 
die nach dem Balkan gefahren worden waren. Auch wurde seit Mitte 
Oktober die Beobachtung gemacht, daß deutscherseits weniger wirkungsvolle 
Munition verfeuert werde"). Mit dem Abflauen der Kampftätigkeit begann 
ebenso wie an der österreichisch-ungarischen und deutschen auch an der 
gesamten russischen Heeresfront der Ausbau starker Stellungen und die Vor¬ 
bereitung für den Winter. Die entscheidende Rolle spielte weiterhin ernste 
Sorge um Serbien. Am diesem Lande nach Möglichkeit doch noch zu helfen, 
wurde von Mitte November an die im weiten Umkreise um Odessa lie¬ 
gende 7. Armee4) durch Abgaben aus der Front zu einem vollwertigen und 
besonders schlagkräftigen Heereskörper ausgestaltet. 
Im übrigen bedurfte das russische Heer dringend der Ruhe und fand 
sie auch. Wie schwer es gelitten hatte, zeigen die Gesamtverluste, die nach 
amtlichen russischen Zusammenstellungen") vom Mai 1915 bis zum Jahres¬ 
schluß auf mehr als 2,2 Millionen angewachsen waren, darunter mehr als 
1 Million Vermißte. Das Feldheer (ohne die etwa sechs Divisionen starke 
Kaukasus-Armee) war durch Zusammenfassung selbständiger Landwehr¬ 
formationen auf 126 Divisionen verstärkt worden. Cs zählte im Dezember 
1 360 000 Mann Infanterie und 4650 Geschütze (davon 650 schwere)"), was 
9 Njesnamow, S. 127. 
--) S. 559 ff. 
3) Tagebuchaufzeichnungen eines Offiziers aus dem russischen Großen Haupt¬ 
quartier vom 15. Dez. 1915: „Jetzt sind es schon zwei Monate, seit man überall an 
unserer Front bemerkt, daß 30 v. H. der deutschen Artilleriegeschoffe nicht zerspringt", 
und vom 17. Dez.: „Die Mehrzahl der deutschen schweren Artilleriegeschoffe zerspringt 
nicht" (Lemke, S. 277 und 296). 
4) S. 436 f. — Näheres hierüber, wie über weitere sonstige militärische und 
politische Absichten der russischen Obersten Heeresleitung wird Band IX enthalten. 
5) Rußland im Weltkrieg in Ziffern S. 30. 
®) Zahlen nach einer Mitteilung, die am 11. Dez. 1915 dem französischen 
Botschafter gemacht wurde (Palsologue I, S. 460). Ob in ihnen die Kaukasus-Armee 
inbegriffen ist. hat sich nicht feststellen lassen. Die Zahl der schweren Geschütze (Flach¬ 
feuer von 10 cm, Steilfeuer von 15 cm an aufwärts) wird bei Manikowski (I, S. 81) 
für den Monat November mit 532 Rohren, also noch niedriger angegeben.
	        
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