Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

9. Armee — Verschiebung nach Norden. 
437 
Auffassung und den Absichten der deutschen und der österreichisch-ungarischen 
Führung volle Übereinstimmung. Zunächst allerdings mußte sich General- 
oberst v. Hindenburg, wenn auch schweren Herzens, entschließen, seinen 
Truppen einen Ruhetag zu gewähren, da sie durch ununterbrochenen, zehn- 
tägigen eiligen Vormarsch, teilweise mit Gefecht, aufs äußerste angestrengt 
waren. Erst am 8. Oktober konnten die neuen Bewegungen beginnen, deren 
erstes Ziel die Vertreibung der noch westlich der Weichsel stehenden russi- 
schen Kräfte und der Angriff auf Iwangorod sein sollte. 
Die gebotene Ausdehnung der deutschen Operation nach Norden «. s«»b«. 
machte auch stärkere Maßnahmen zum Schutze der offenen linken 
Armeeslanke nötig. Das Korps Frommel allein genügte für die dort 
zu lösenden Aufgaben nicht mehr. Neue, anscheinend sibirische Truppen 
schienen sich südlich von Warschau zu sammeln; sie galt es zu zerspren- 
gen, bevor sie bedrohlich werden konnten. Darüber hinaus bedeutete aber 
auch Warschau selbst eine dauernde Gefahrquelle. Auch diese Stadt war 
als Festung aufgegeben; die Werke, die sie in doppelter Reihe mit einem 
äußeren Umfange von reichlich 50 km umschlossen, waren veraltet und 
großenteils geschleift, nach zahlreichen vorliegenden Nachrichten aber neuer- 
dings teilweise doch wieder zur Verteidigung eingerichtet worden. Die 
Hauptstadt von Russisch-Polen mit ihren drei festen Weichsel-Brücken war 
um so mehr von großer militärischer Bedeutung, als nur einige Tage- 
Märsche nördlich der Stadt die russische 2. Armee stand und gute Bahnver¬ 
bindungen rasche Heranführung weiterer Kräfte aus dem Innern des Reiches 
wie von allen Teilen der russischen Front gerade nach Warschau begün- 
stigten. So ergab sich die Frage, wie man sich bei der Fortführung der 
Operationen mit diesem Platze abzufinden habe. Man wußte, daß die nörd- 
lichen russischen Armeen seit Anfang Oktober den Angriff gegen Ostpreußen 
wieder aufgenommen hatten; ihre Kräfte schienen dort zunächst gebunden. 
Von der Lage bei Warschau selbst hatten Aufklärung und Agentennachrichten 
bis zum 8. Oktober das Bild ergeben, daß Gora-Kalwaria, Grojez, Skjer- 
newize einstweilen nur schwach besetzt seien. Auch in der Stadt War- 
schau selbst sollten keine starken Kräfte, sondern nur viele Tausende von 
Verwundeten und sanken, angeblich 80 000 Mann, fein1); das Ober¬ 
kommando der russischen 2.Armee sei seit dem 6. Oktober von Warschau 
*) Die Karte der „Feindlage am 5. Oktober" bei Conrad V, Anlage 2,zeigt 
zwischen Radom und Warschau und in der Stadt mehr Truppen, darunter „Teten 
des I. Korps". Ob sich die Auffassung bis zum 8. Oktober geändert hat, oder ob es 
sich um verschiedene Bewertung vorliegender Nachrichten handelte, war nicht fest- 
zustellen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.