Volltext: Der Weltkrieg in 28 Einzeldarstellungen (1 ; 1921)

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Schauwecker 
der sich erhebt und zum Sprunge bereit macht. Unaufhörlich haut 
'¿lieb in Hieb, Krad? in Knall, Abschuß in Einschlag. Immer wir¬ 
belnder, rollender wird der Donner, bis mit einem Mal einer von 
uns den Spaten tief in die Erde rennt, lauscht und sagt: „Wenn das 
nicht Trommelfeuer ist und wenn wir da nicht diejenigen find, 
welche . . . dann weiß ichs auch nicht. Ich grab keinen Stich mehr. 
Ich spar meine Kraft." 
Und wir alle Haben das Gefühl: dort prallt Großangriff gegen 
Großangriff, dort ist der Franzose zu Boden geschlagen, und dort 
packen wir ihn. Der Soldat hat ein feines, untrügbares Gefühl 
für die Dinge des Krieges. 
Näher und näher wandert das tobende Gedonner; Kilometer 
um Kilometer ergreift es, Meile um Meile springt es weiter wie 
Waldbrand im Geäst. Jetzt ist es dicht heran. Das ist kein Späh¬ 
unternehmen und kein Gefecht mehr, —- nein, nein, das ist Schlacht 
und Großangriff, Sturmgesang des Sieges, Vorsturm des Vater¬ 
landes. Zwanzig, dreißig Kilometer Front recken sich dort empor in 
einem glühenden Atem gesteigertsten Gebens, Hunderttausende von 
Augen starren nur auf den Feind, auf ihn allein, hunderttausend 
Willen und Herzen schlagen nur in einem Gefühl: Sieg. 
Und dann springt die Flamme des Angriffs in unsre Herzen. 
Über uns schreit es auf wie in befreitem Grimm und jauchzendem 
Zorn. Nicht zehn und zwanzig Granaten rauschen über uns weg, 
— Hunderte find plötzlich in den Lüften. Immer neue folgen, rastlos, 
ununterbrochen, Bahnbrecher des Sturms, eiserne Götter des Siegs. 
„Endlich!" schreit eine aufatmende Stimme neben mir. Es ist 
der Mann, der vorhin zuerst mit Schanzen aufgehört hat. Er zeigt 
nach oben zu den unsichtbar brausenden Schwingen des Stahls. 
„Die beenden den Krieg!" fügt er hinzu. „Die und wir hier!" 
Und dann mit einem Blick auf den verdreckten Spaten: „Ein Segen, 
daß die elende Buddelei aufhört." 
Befehle kommen von rückwärts, Munition wird geschleppt, 
eiserne Portionen werden verteilt. . . vor uns rast das Tualm- 
gewitter über die Stellungen des Feindes und zerschlägt seine Gräben 
und Sappen, vergast seine Geschützstellungen und zertrümmert 
Nerven und Kampfsittlichkeit. Dann springt das Artilleriefeuer 
plötzlich empor, wirft sich mit mächtigem Satz und Prankenschlag 
voran in das Gelände und stürzt sich auf alle heimtückereien der 
Maschinengewehrnester. Feuerwalze heißt dies zermalmende Man¬ 
dern der Granaten. Zeichen und Führer zum Angriff ist es. 
Wir erheben uns groß und breit und gehen dem bahnbrechenden 
Granatfeuer nach rasch auf die Stellungen des Feindes los. Letzte 
Zuckungen des Widerstandes, wütende Krämpfe der Verteidigung 
werden im ersten Anlauf erstickt und überrannt. Ein Schwarm ver¬ 
störter Gefangener bleibt ratlos, verwirrt, angstvoll, betäubt hinter 
uns Über alle Hindernisse und hinterhälte dringen unsre Reihen
	        
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