Volltext: Die österreichisch-ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch

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mancher unserer Punkte impressioniert.) Ich sagte ihm, ich glaubte, 
es würde auch eine Frist zur Antwort gesetzt werden, könne ihm 
das nähere aber erst morgen mitteilen. Er bedauerte Befristung, 
weil dadurch die Möglichkeit benommen würde, die erste Erregung 
zu beruhigen und auf Belgrad einzuwirken, uns eine befriedigende 
Antwort zu geben. Ein Ultimatum könne man immer noch stellen, 
wenn Antwort nicht annehmbar. 
Ich führte lange unseren Standpunkt aus (Notwendigkeit der 
Abwehr von unausgesetzten subversiven Unternehmungen, welche 
Gebiete der Monarchie bedrohen, Verteidigung unserer vitalsten 
Interessen, vollkommster Mißerfolg aller bisherigen konzilianten 
Haltung gegenüber Serbien, das jetzt über drei Wochen Zeit hatte, 
aus eigenem Antrieb die Untersuchung gegen Teilnahme Attentat 
einzuleiten etc.) 
Er anerkannte die Schwierigkeit unserer Stellung, sprach ernst¬ 
lich von dem Ernst der Situation. Wenn vier große Staaten, 
Österreich-Ungarn, Deutschland, Rußland und Frankreich, in einen 
Krieg verwickelt werden, so folge ein Zustand, der einem wirt¬ 
schaftlichen Bankerott Europas gleichkomme. Kein Kredit mehr 
zu erlangen, die industriellen Zentren in Aufruhr, so daß in den 
meisten Ländern, gleichgültig, ob Sieger oder besiegt, »so manche 
bestehende Institution weggefegt« werden würde. 
Ich sagte ihm,, meiner Ansicht nach müßten wir in diesem Falle 
trotz unserer bekannten Friedensliebe Serbien gegenüber »sehr fest« 
bleiben. Ich rechnete wieder auf ihn und sein objektives und faires 
Urteil. Er erwiderte, mit einfachen Vorstellungen in Petersburg 
sei es diesmal nicht zu machen. Man müsse Rußland beweisen 
können, daß unsere Griefs wohlbegründet und unsere Forderungen 
für einen Staat, wie Serbien, ausführbar wären. Das beste wäre 
wohl, wenn zwischen Wien und Petersburg direkter Gedanken¬ 
austausch geführt werden könnte. Er war kühl und objektiv wie 
immer, freundschaftlich und nicht ohne Sympathie für uns. Er ist 
unzweifelhaft sehr besorgt über die möglichen Folgen. 
Ich fürchte, er wird den Charakter eines Ultimatums unserer 
Demarche und die kurze Frist kritisieren. 
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Graf Szápáry an Grafen Berchtold 
Telegramm Nr. 152 Petersburg, den 23. Juli 1914 
Chiffre — Vertraulich 
Mein deutscher Kollege schließt aus Übereinstimmung der 
Sprache, welche Herr Sazonow schon vor Ankunft Herrn Poincarés 
geführt hat, mit jener des Präsidenten, daß letzterem von Sazonow
	        
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