Volltext: Das Kriegsjahr 1917 ; 6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ; (6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ;)

Anzeichen für den Russenangriff 
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feindseliger. Die Steigerung der Kampftätigkeit war jedoch zunächst 
vornehmlich der russischen Artillerie zuzuschreiben, während die In¬ 
fanterie für Angriffsunternehmen scheinbar noch nicht zu haben war. 
Mit gespanntester Aufmerksamkeit vierfolgten die Armeen der 
Heeresgruppe Böhm-Ermolli die Vorgänge bei den Russen. Am 14. Juni 
machte die k. u. k. Heeresleitung die öst.-ung. Armeen an der Ostfront 
auf eine Umgruppierung der russischen und der rumänischen Streit¬ 
kräfte aufmerksam. Starke Reserven stünden hinter der russischen Front 
bei Riga und bei Smorgon, zwischen Brody und Halicz und bei Jaco- 
beny. Diese Truppen Versammlungen und auch die Ernennung Brussi- 
lows zum Höchstkommandierenden ließen eine neuerliche Offensive der 
Russen erwarten. Ob aber die russische Infanterie auch wirklich vor¬ 
wärts zu bringen sein werde, erscheine noch zweifelhaft; doch bemühe 
sich der die Front bereisende Kriegsminister Kerenski, die Manneszucht 
und den Geist im russischen Heere wieder zu heben. Es stehe nunmehr 
fest, daß durch die Friedenspropaganda von Front zu Front ein Waffen¬ 
stillstand mit Rußland und die Trennung dieses Staates von der Entente 
nicht herbeigeführt werden könne. Wie groß dennoch die Kriegsmüdig¬ 
keit der Russen sei, zeige ein durch einen englischen Vertrauensmann 
dem deutschen Gesandten in Bern bekanntgewordener Bericht des eng¬ 
lischen Botschafters Buchanan, in dem es hieß, daß das russische Heer 
für militärische Operationen größeren Stils nicht mehr in Betracht 
komme. Nur für den Fall eines englisch-französischen Sieges an der 
deutschen Westfront sei es denkbar, daß Teile der russischen Armee 
sich zu einem Vorstoß bewegen ließen. 
Das Heeresgruppenkommando Böhm-Ermolli beurteilte allerdings 
die Lage ernster und glaubte annehmen zu können, daß die Russen 
wirklich die Absicht hätten, in Ostgalizien größere, einheitlich ange¬ 
setzte Angriffe durchzuführen. Nur bei Stanislau und vielleicht auch 
bei Solotwina schien sich der Feind mit Teilangriffen begnügen zu 
wollen. Anders am Südflügel der 2. Armee und bei der Südarmee. Der 
Feind, der vor der letztgenannten Armee schon seit Beginn seiner An¬ 
griffsvorbereitungen nahezu doppelt überlegen war, zog für die Durch¬ 
führung seines Angriffes noch weitere Kräfte heran. 
Anfangs Juni erschien das VII. sib. Korps bei Podhajce, das um 
Kolomea in Ruhestellungen gestanden war. Das II. Gardekorps, bisher 
östlich von Brody in Reserve, marschierte Mitte des Monats über Tar- 
nopol nach Süden und erreichte gegen den 25. ebenfalls die Umgebung 
von Podhajce; hinter ihm rückte das von Norden herangezogene 
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