Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Der strategische Durchbruch 
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tionen auch vor neuen Aufgaben der Kampfführung. Überall standen ge¬ 
schlossene Fronten einander gegenüber, weithin sichtbare Linien von Erd- 
verschanzungen und Stacheldraht schlängelten sich durch die Landschaft, 
verteidigungsbereite Stellungen hüben und drüben, die erst überwunden 
werden mußten, bevor an einen Bewegungskrieg gedacht werden konnte. 
Gewiß, der Gedanke weit ausholender Umfassung hatte unausgesetzt 
Conrads Tatendrang beschäftigt (Bd. II, S. 301, 724); aber es gab nir¬ 
gends mehr offene Flanken, gegen die man zur Umfassung hätte ansetzen 
können. Und da es umstritten war, ob das gleiche Ergebnis auch durch 
ein Zusammenwirken von Kräften aus so weit entfernten Räumen wie 
Ostgalizien und Ostpreußen herbeigeführt werden könne, rückte der Ge¬ 
danke des Durchbruches von selbst in den Vordergrund. 
Nun hatte es ja schon in den ersten Kriegsjahren nicht an Versuchen 
gefehlt, feindliche Fronten zu durchbrechen1). Dabei waren aber große 
strategische Entscheidungen weder gesucht noch erreicht worden. Auch 
dem Durchbruche, der bei Gorlice ins Werk gesetzt wurde, waren aus 
mannigfachen Gründen verhältnismäßig enge Grenzen gesteckt worden 
(Bd. II, S. 297 ff.). Der Erfolg übertraf jedoch alle Erwartungen, er¬ 
weiterte sich zum ersten Male zu einem strategischen Durchbruch, führte 
aber dennoch nicht zur Vernichtung des Feindes. Freilich brachte ja auch 
die Durchführung der Idee einer doppelseitigen Umfassung nur ein ein¬ 
ziges Mal — bei Tannenberg — eine solche Vernichtung, d. h. in diesem 
Falle ein „Cannae" hervor. 
So mußten den siegreichen Heeren der Mittelmächte schrittweise 
neue Ziele gegeben werden. Dabei ergab es sich, daß der immer wieder 
in Szene gesetzte Durchbruch eigentlich gar nicht als Mittel betrachtet 
wurde, einer geschlossenen, erstarrten Front offene Flanken abzugewin¬ 
nen, sondern vielmehr als wuchtiger Stoß, der den Feind aus seinen Stel¬ 
lungen zum Weichen bringen sollte. Es ist schon gezeigt worden, (Bd. II, 
S. 726 f.), wie daraus jenes „abwechselnde Vorwärtsstampfen der schwe¬ 
ren Kriegsmaschine" im „Stirnkampf mit jeweilig zusammengezogenen, 
sozusagen fluktuierenden Stoßgruppen" wurde, bei dem große Pläne auf 
weite Sicht zurücktreten mußten vor'dem Bestreben, jedesmal dort vor¬ 
wärtszukommen, wo im Augenblick die Bedingungen Erfolg versprachen. 
Den viel weiter gesteckten Wünschen Conrads mochte dieses Ver¬ 
fahren trotz der großen Ergebnisse, die es mit sich brachte, nur wenig 
*) So in der Macva im Oktober 1914 (Bd. I, S. 661 ff.), dann während der Schlacht 
in Masurén im Februar 1915; auch die Operation zum Entsatz von Przemysl war als 
Durchbruch gedacht (Bd. II, S. 196 ff.).
	        
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