Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Von Gorlice bis Lemberg 
„Die sichere Folge wäre gewesen, daß entweder fast die gesamten, jetzt 
dort befindlichen deutschen Kräfte an Ort und Stelle belassen, oder daß 
schwere Rückschläge in Kauf genommen werden mußten. Im ersten 
Falle wäre eine Lähmung der deutschen Kriegführung eingetreten, im 
zweiten stand mit großer Wahrscheinlichkeit ein Zusammenbruch Öster¬ 
reich-Ungarns in nicht ferner Zeit zu erwarten." Diese Erwägungen 
führten den Chef des deutschen Generalstabes zu dem Schlüsse, daß es 
kaum eine andere Lösung gäbe als die, dem Feinde im Angriffe an der 
Klinge zu bleiben. In dieser Auffassung wurde er durch die Meldungen 
des Oberkmdos. Mackensen über die Verfassung des russischen Heeres 
bestärkt. Die Widerstandskraft der Russen sinke ganz offenkundig, überall 
herrsche Munitionsmangel, entschiedenes Handeln gegen diese ausgelaug¬ 
ten Truppen verbürge Erfolg! 
Allerdings sagte sich Falkenhayn, daß eine solcherart fortgeführte 
Offensive, wie sie auch GO. Mackensen und sein Stabschef, Obst. Seeckt, 
befürworteten, nur durch die Zuleitung frischer Truppen den nötigen 
Schwung bekommen könne. Diese Erkenntnis in die Tat umzusetzen, war 
nicht leicht. Die Frühjahrsschlacht bei La Bassée und Arras hatte wohl 
ihren Höhepunkt überschritten, der Feind war abgewehrt, aber das Feuer 
glomm noch bis tief in den Juni hinein weiter. Im Bereiche Hindenburgs 
war die deutsche Front an vielen Stellen ohnehin schon fadendünn ge¬ 
spannt. Trotzdem vermochte die DOHL. aus der Westfront zweieinhalb 
Divisionen sowie an Osttruppen und Neuaufstellungen noch zwei Divi¬ 
sionen freizumachen; auch war zu erhoffen, daß in absehbarer Zeit noch 
zwei der drei im Südosten aufmarschierten, neu gebildeten Divisionen 
(S. 412) nach dem Norden gezogen werden könnten. 
Der Gedanke, nunmehr an Stelle der galizischen Front die Armeen 
Hindenburgs durch Zuführung der Verstärkungen zu einem Angriff zu 
beflügeln, mußte von Anbeginn aufgegeben werden, da Hindenburg er¬ 
klärte, daß in der Lage des deutschen Ostheeres, selbst durch den Einsatz 
zweier neuer Korps kein anderer als ein rein taktischer Erfolg zu er¬ 
zielen sein würde. Vorübergehend beschäftigte sich Falkenhayn, wie sich 
bei einer Besprechung mit Conrad erwies, auch mit dem Plane, die zur 
Verfügung stehende „Nachstoßstaffel" von viereinhalb Divisionen bei 
der Armeegruppe GdK. Kirchbach einzusetzen und damit die Russen¬ 
front im Weichsellande zu Fall zu bringen; dem widerriet jedoch Conrad. 
Dieser hatte wohl seine Lieblingsidee keineswegs aufgegeben, über 
den abgefallenen Bundesgenossen im Südwesten möglichst bald mit dem 
Schwert der Vergeltung herzufallen. Dennoch beharrte er in voller Er-
	        
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