Volltext: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 45. und 46. Jahrgang (45. und 46. Jahrgang / 1925)

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erstenmale deutlich heraus — sei die „sapiens et eloquens pietas", 
nämlich „datz wir durch studieren sollen bekommen Erkenntnis aller 
Dingen vund geschickhlickait zu reden". Die Furcht Gottes aber sei aller 
Weisheit Anfang; darum müsse jedes Tagewerk von Gebet umschlossen 
sein. 
Nun folgt die Tagesordnung, in welche der Lehrplan hineinver- 
flochten ist. Um 6 Uhr sollen die Knaben aufstehen und züchtig als in 
Gegenwart der lieben Engel, als ihrer Hirten sich ankleiden und ein 
deutsches vorgeschriebenes worgengebet verrichten. Tn der Etzstube 
hatten sie sich zu reinigen; darnach begab sich jeder an seinen Platz in 
der Schule, wo der Unterricht mit einem ebenfalls vorgeschriebenen 
lateinischen Schulgebete seinen Anfang nahm. Zunächst wurden ein bis 
zwei Kapitel aus der Bibel gelesen. Darnach folgt das nächst Bibel und 
Katechismus fürnemfte, notwendigste vund schwerste Studium, das der 
Grammatik, und zwar in der dritten (obersten Klasse) nach der von 
INelanchthon verfaßten. Die grammatischen Regeln sollten an Beispielen 
aus den gehörten lectionibus erklärt werden. 
Tn der zweiten Klasse sollen die quaestiones grammaticae gelesen 
und wiederholt werden. Tn der ersten (kleinen) Klasse sollten dieselben 
quaestiones, aber weniger oder gering kleineren Knaben vorgelegt 
werden. Tür die buchstabierenden oder spllabierenden Anfänger gab es 
keine eigenen Abteilungen wie zum Beispiel in der Schulordnung von 
Augsburg 1558, und der Württembergischen Kirchenordnung 1559 und 
der Brandenburg'schen 1564. Auch enthält die Schulordnung darüber 
keine Vorschriften, weil „jetzt (1570) kein Knab vorhanden, der erst an 
fing. zu buchstabieren". — 
Vas war für die Zeit von 6 bis 7 Uhr früh. Dann folgte das Trüh- 
stück, darnach die Wiederholung der Lection bis 8 Uhr. 
von 8 bis 9 Uhr trug der Präzeptor die officia Eiceronis vor mit 
Nutzanwendung auf das Leben der adligen Tugend. Tn der zweiten 
Klasse, in der man die kleinen epistulae Eiceronis absolvieret, soll eine 
Komödie von Terenz gelesen werden, die man sonst in Deutschland in 
allen Klassen las. Tn der ersten Klasse wurden die vialogi colloquiorum 
familiarium (des Erasmus) repetiert, wit dem vorgeschriebenen latei 
nischen Gebete: Gmnipotens, aeterne, vere et vive Deus . . . das der 
Reihe nach von jedem Knaben, der eben an der ordnung ist, vorgebetet 
wurde, schloß um 9 Uhr der Vormittagsunterricht. 
Dann gingen die Knaben fein züchtig und still in die Eßstube, wuschen 
sich und sprachen das Benedicte. Bei Tisch sollten sie allen Anstand 
wahren; der Präzeptor hatte sie zuweilen zu fragen, was jegliche Speiß 
lateinisch heißt, es ihnen eventuell zu sagen. Ehe man den Tisch aufhob, 
sollte noch ein Knabe eine Aesopische Tabel^) oder aus dem Sleidanius^) 
übersetzen. 
Nach Tisch konnten die Knaben musicam exercieren oder sonstige 
Unterhaltung pflegen. 
Von 12 bis 1 Ühr sollen die Schüler deutsch schreiben, der Präzeptor 
ihre Arbeiten fleißig ausbessern. 
Um I Uhr wurde in der III. Klasse Syntax gelesen mit Anwendung 
der Regeln auf die gehörten Lectionen. Tn der II. Klasse trieb man die 
kleine Syntax in den quaestionibus. von 2 bis Z Uhr war Vesperbrot.
	        
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