Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

als jener im ebeneren und wegsameren Polenlande. Auch der feindliche Widerstand mußte in 
Mittelgalizien, wo die Russen die Belagerung der von ihnen eingeschlossenen Festung Przemyäl 
zu decken hatten, ein nachhaltigerer sein als dort, wo sie die Strombarriere der Weichsel mit 
nennenswerten Kräften überhaupt noch nicht überschritten hatten. 
Trotzdem gelang es den k. u. k. Armeen, bereits nach siebentägigen Eilmärschen Przemyäl 
zu entsetzen und mit ihren Teten den San zu erreichend 
Die Bewegungen der Russen bis zum 2. Oktober' 
Während die Verbündeten zur neuen Offensive ausfchritten, waren auch die 
russischen Armeen von Ostpreußen bis zu den Karpathen hinab wie ein Bienen¬ 
schwarm durcheinandergerllttelt worden. 
Auch die russischen Bewegungen litten schwer unter dem schlechten Wetter, 
dem Hochwasser, das zahlreiche Brücken zerstörte, und dem unbeschreiblichen 
Zustand der Straßen. Waren diese Schwierigkeiten immerhin von vorübergehender 
Art, so hob eine andere, in Hinkunft bei den Russen nie mehr schwindende Sorge 
ihr Haupt: es begann an Bewaffnung für den Mannschaftsersatz, vor allem aber 
in bedrohlicher Weise an Munition zu fehlen. 
Operativ war es für die russische Führung besonders wichtig, zwei in gewissem 
Sinne übergreifende Aufgaben zu erfüllen: die Ausstellung der „Dampfwalze" 
durch Vorschieben von Truppen aus das linke Weichselufer entsprechend zu sichern 
und gleichzeitig den möglichst fließenden Übergang der gewaltigen Massen über den 
Strom vorzubereiten. Die Maßnahmen, die getroffen wurden, waren vielfach von 
der berechtigten Furcht beeinflußt, die vorgeschobenen Truppen einem unnötigen 
Mißerfolg auszusetzen. 
Einschließung und Berennung der Festung Przemysl 
durch die Russen 
Przernyäl! Es war das von der 3. Armee des G. d. I. von Boroevie zunächst 
zu erreichende Ziel. Sie sollte den Entsatz der Festung vollbringen. So stand denn 
auch in den Reihen des Regimentes, das der 3. Armee angehörte, das Interesse 
sür die Sanfeste obenan. 
Ihre Widerstandskraft war' im Hinblick auf die geringe fortifikatorische Stärke und die 
für höchstens drei Monate bemessene Munitions- und Verpflegsausrüstung nicht sonderlich 
hoch einzuschätzen. Wohl bestand die Festung schon im Frieden aus einer größeren Zahl von 
permanenten Gürtel- und Noyauwerken. Aber letztere waren zwanzig bis dreißig Jahre alt 
und nur mit veralteten Geschützen bestückt. Die kargen Mittel, die für die permanente Reichs¬ 
befestigung zur Verfügung standen, waren zum größten Teil in Tirol und an der Küste 
verbraucht worden. Bei Ausbruch des Krieges mit Rußland mußte die öst.-ung. Heeresleitung 
ein Arbeiterheer von 25.000 Mann in Bewegung setzen, um die Sanfestung innerhalb der 
im Ausrüstungsentwurfe vorgesehenen sechswöchigen Ausrüstungszeit in den Verteidigungs¬ 
zustand zu bringen. In der dritten Septemberwoche, als die Feldarmeen aus dem Bereiche der 
Festung abmarschierten und diese ihrem Schicksal überließen, waren die vorgesehenen Aus¬ 
rüstungsarbeiten unter der äußersten Anspannung aller verfügbaren Arbeitskräfte zur Not 
beendet. Die „Sicherheitsbesatzung" bestand aus der 23. HID. und vier Landsturminfanterie¬ 
brigaden (k. k. 93., k. u. 97., k. k. 108. und k. k. 111.), durchwegs Truppen, die, mit Ausnahme 
der 111. Brigade, bereits bei Lemberg gefochten und geblutet hatten. Der Gesamtstand der 
Festung betrug am 18. September rund 65 Insanteriebataillone (davon 40V2 Landsturm- 
bataillone), zum größten Teil ruthenischer und ungarischer, zum geringen Teil deutscher Mann¬ 
1 Pitreich, Der öst.-ung. Bundesgenosse im Sperrfeuer, 136. 
* Österreich-Ungarns Letzter Krieg, I., 359, 360. 
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