Volltext: Der Josephinismus

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I. 
URSPRUNG 
Die europäische Geistesgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts 
zeigt, daß trotz der gerade damals verstärkt zutage tretenden 
abendländischen Zusammenhänge die großen geistigen Bewe 
gungen der Zeit von Volk zu Volk und von Land zu Land eine 
eigentümliche Ausprägung erfuhren, die gerade auch den regio 
nalen Besonderheiten einen oft einmaligen Ausdruck verlieh. 
So hatte — ungeachtet aller übereinstimmenden Züge, die wir 
keineswegs unterschätzen wollen — die Aufklärung etwa in Eng 
land und Frankreich ein durchaus anderes Gepräge als in den 
Ländern des romanischen Südens und wiederum eine unver 
kennbare Eigenart in den deutschen Landschaften Mitteleuropas 
erhalten. So ist die deutsche Romantik zwar das Glied in einer 
langen Kette irrationalistischer Äußerungen, die als Reaktion 
gegen die Aufklärung seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun 
derts in einer Reihe europäischer Länder laut wurden, aber doch 
auch wieder eine ziemlich selbständige deutsche Erscheinung, 
die mit den meisten „romantischen“ Strömungen der anderen 
Länder nur bedingte Übereinstimmungen aufweist. Noch 
deutlicher tritt die Selbständigkeit einer geistigen Strömung zu 
tage, die in der österreichischen Monarchie beheimatet war und 
seit dem ausgehenden 18. bis weit in die zweite Hälfte des 19. 
Jahrhunderts eine Rolle gespielt hatte, die eine eingehendere 
Würdigung erheischt. Es handelt sich um den Josephinismus, 
der in den österreichischen Ländern eine Zeitspanne beherrscht, 
die in den meisten anderen Staaten Mittel- und Westeuropas 
durch die Aufklärung, romantische Strömungen verschiedener 
Art sowie den frühen Liberalismus bestimmt gewesen ist. 
Wenn diese Geistesströmung bisher nicht nach Gebühr Berück 
sichtigung gefunden hat, so hängt das mit ihrer Eigenart zusam 
men, auf die wir noch zu sprechen kommen, vor allem aber auch
	        
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