Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

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In unseren Kindheitstagen konnte man sich noch erlauben,die Mutter am 
Abend,wenn sie mit ihrer Arbeit fertig war,zu bitten: „Mutter,erzähl uns 
eine Geschichte, "Heute,in der gestreßten Gesellschaft,ist eher zu erwarten, 
daß die Kinder aufgefordert werden: „Kinder,gebt Ruhe,dreht euch den Fern= 
seher auf!"Geschichten werden heutzutage auch nicht mehr im Familienkreis 
oder bei gemütlichen Zusammenkünften weitererzählt.So konnte ich bei meinen 
Umfragen bei alten Leuten auch oft nur noch halbe Geschichten erfahren. 
Weil wir Kinder damals unter Geschichten alles Erzählbare verstanden, so 
will.ich es auch hier so halten und Sagen, Erzählungen usw.,nicht streng 
voneinander trennen,sondern bunt gemischt,hier folgen lassen. 
Die Heidelbeergeschichte 
Die Gegend um Ottenschlag war schon immer eine gesegnete Heidelbeer= 
gegend.Der karge Boden begünstigte den Wuchs des Heidelbeerkrautes,das eine 
Heilpflanze ist.In letzter Zeit wird aber der Waldboden wieder mehr mit 
Kalk gedüngt und der lichtere Föhrenbestand weicht allmählich dem dichteren, 
weniger Licht spendenden Fichtenbestand,sodaß die Voraussetzungen für das 
Gedeihen der Heidelbeere mehr und mehr schwinden. 
Zu Anfang des zweiten Weltkrieges wurde das Sammeln von Heidelbeeren von 
den Behörden sehr gefördert.In der Woche zweimal kam ein Lastauto und holte 
die Heidelbeerernte ab.Besonders die Bewohner von Öttenschlag und Umgebung 
verdienten dabei nicht schlecht. Für die Marktbewohner von Reichenau war das 
Bannholz (Herndlsberg,Stingederholz) der beliebteste Heidelbeerplatz. ; 
Noch im vorigen Jahr kamen Leute aus der näheren und weiteren Umgebung 
mit ihren Personenkraftwagen angereist ‚um hier Heidelbeeren zu sammeln. 
Ihre Henkelkörbe (ma. Zeger) wurden aber doch nicht so voll,wie sie es nach 
früheren Berichten vom Heidelbeersegen um Ottenschlag erwartet hatten. 
Der Neid spielte sicher auch eine Rolle,wenn wir Reichenauer Kinder die 
Ottenschlager Kinder in der Schule neckten:„Ottnschleger,Hoabeerzeger! "Die 
Antwart kam prompt:„Reichenauer,Schauer!"Eine Rauferei war meistens die 
Folge, 
Um die Ottenschlager Heidelbeeren spanmn sich im Lauf der Zeit so manche 
Erzählung oder Sage und der„Hoabeerzeger"war gelegentlich auch Anlaß zu 
sehr handfesten Raufereim der OttenschlagerBurschen mit Burschen der Nach= 
bardörfer, 
Das Gerede und die Neckereien um die Heidelbeeren haben zwar mit dem 
Schwinden der Heidelbeeren auch nachgelassen, trotzdem hat aber die Gemeinde= 
vertretung,um den Hänseleien die Spitze zu nehmen und sozusagen in einem 
strategischen Sprung nach vorne,den Heidelbeerstrauch in das Gemeindewappen 
aufnehmen lassen. 
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