Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

strapazierten die Begriffe „Ehre" und Vaterland" unnötig. Der Herr 
Pfarrer redete pflichtgemäß am’ Sonntag von der Kanzel herab den Dieben 
ins Gewissen,sie sollten doch die Glocken. wieder zurückbringen — ob nooh 
vor Kriegsende oder erst nachher,hat er nicht dazugesagt.Kurz,die Glooken 
blieben verschwunden. Bei der zweiten Glockenablieferung ahmte man ir 
Zwettl das Beispiel der Reichenauer nach. 
Nach dem Weltkrieg schafften die Berger Geschwister die drei Glocken 
vom Stadelholz in ihre Scheune und versteckten die Glocken unter Stroh 
noch für ein weiteres Jahr.Die Bevölkerung sollte von der traurigen Kriegs= 
zeit etwas Abstand bekommen,um dann die Auferstehung der Glocken um 30 freu= 
diger feiern zu können. 
Am Weihnachtsabend des Jahres 1919 zogen die. beiden. vom Krieg glücklich 
heimgekehrten Berger. Söhne auf einem Ziehschlitten eine schwere Last, 
die unter einer Decke verborgen war,den steilen Pfarrhofgang hinauf.Die 
Straßen im Markt.waren menschenleer,weil die Familien um diese Zeit in den 
Häusern das Christkind erwarteten.Die schwere Last,die drei Glocken,stellten 
der Berger-Hans und der Berger-Sepp unbemerkt vor die Pfarrhofhaustür.. 
Beim Mitternachtsgottesdienst xonnte Pfarrer Herrmüller der Pfarrgemeinde 
die freudige Mitteilung von der Auferstehung der Glocken machen.Da blieb 80 
manches Auge vor Freude nicht +ränenleer.Es. wurden aber auch noch nie. 
„ Diebe" von der Kanzel herab 80 gelobt,wie damals.Die- Glockenretter wollten 
eigentlich ungenannt und unbekannt bleiben.Jemand hatte aber doch bemerkt, 
wie eine der beiden Berger Töchter ihrer Schwester bei den Worten des 
Pfarrers einen leichten Stoß mit dem Ellbogen versetzte.Die von den Pfarr= 
bewohnern in den nächsten Tagen angestellten Mutmaßungen schienen deshalb 
bald recht zielführend zu werden.So bequemte sich in der folgenden Woche 
eine der beiden Schwestern in den Pfarrhof,um eine umfassende, „Beichte" 
abzulegen. ; 
Jetzt hatte die Pfarrkirche wieder: ein schönes‘ Geläute mit vier Glocken, 
weil,wie schon erwähnt,die Yiertelglocke nicht abgeliefert werden mußte... 
Schon gegen Ende des 1. Weltkrieges sollten ‚auch die Glocken der: Dorf= 
kapellen abgeliefert werden.In Ottenschlag war die Glocke schon abgenommen, 
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