Volltext: Gemeinde Ottenschlag i.M.

einen alten Soldatenmantel angezogen und eine Soldatenmütze aufgesetzt, 
sodaß man ihn in der Dunkelheit leicht für einen Gendarmen halten konnte. 
Als der Schneiderhans im Morgengrauen mit seiner Holzfuhre daherkam, wurde 
er vom Sunnerer Lois„verhaftet".Im ersten Schreck öffnete der Schneider= 
hans das Versteck für die Lebensmittel.Als er aber gleich darauf den 
Schwindel erkannte,war es schon zu spät.Die beiden einigten sich jedoch 
gütlich.Der Sunnerer Lois bekam als Schweigegeld einen Striezel Butter. 
Die Sache blieb trotzdem nicht geheim und der Schneiderhans ahnte,daß 
der Gendarm davon Wind bekommen hatte.Der pfiffige Frächter baute vor.Er 
richtete einen von einem Specht ausgehöhlten Prügel noch etwas zurecht 
und nahm diesen bei jeder Holzfuhre mit.Nach einigen Tagen hielt tatsäch= 
lich der Gendarm Falkensteiner den Schneiderhans beim Prückl Stadel an 
und wollte den ausgehöhlten Prügel und dessen Inhalt sehen.Der Fuhrmann 
meinte recht unschuldig:„Ja mein,es gibt freilih Ah moär8s Prügl und solchö6, 
d& der Specht ausghohlt hat-Er mußte das Brennholz abladen.Bald kam der ; 
Specht-Prügel zum Vorschein,Der Gendarm wollte schon in das Flugloch der 
Spechtwohnung greifen,merkte aber rechtzeitig,daß es da stark nach Vogelkot 
(aus Schneiderhansens Hühnerstall) roch und zog verlegen ab,mit der. Bemer= 
kung:„Ich erwisch dich schon noch!"Er erwischte aber den Schneiderhans nicht 
mehr,denn die Ernährungslage im Land besserte sich allmählich und die 
Hamsterei erübrigte sich, 
Einiges Kopfzerbrechen bereitete manchen Leuten der Umstand,daß der 
Schneiderhans,der doch als Fuhrmann ein guter Pferdekenner war,fast jedes 
Jahr von den Zigeunern ausgerechnet ein fußkrankes Pferd einhandelte. 
Dabei hatte dieser Pferdehandel einen ganz natürlichen,aber für die mei= 
sten nicht durchschaubaren Grund. 
Gewiß hatte der Schneiderhans große Erfahrung im Umgang mit Pferden und 
auch in der Behandlung von Pferdekrankheiten.Er hatte eine heilsame Tinktur 
zum Einpinseln des u„Hufkrebses",die er immer im Kastl versperrt hatte und 
damit recht geheimnisvoll verfuhr.Der Tierarzt nennt diese Hufkrankheit 
fachmännisch Hornwucherung. Vielleicht kannten die Zigeuner dieses Mittel 
nicht.Jedenfalls hatte der Schneiderhans so ein hufkrankes und herunter= 
gekommenes Pferd innerhalb eines Jahres geheilt und zu einem Prachtpferd 
aufgefüttert,sodaß er es mit gutem Gewinn verkaufen konnte. 
Die Zigeuner hätten bei ihrem Umherzigeunern ohnehin nicht Zeit gehabt, 
ein Pferd so lange zu behandeln und zu Schonen.Ihr Vorteil war der rasche 
Umsatz auch mit weniger Gewinn bei einem Pferd.So wußten beide Handels= 
Partner ihren Vorteil zu wahren und waren zufrieden, 
Bei den Zigeunern dürfte es sich herumgesprochen haben,daß der Schneider= 
hans in Ottenschlag auch Pferde mit „u Hufkrebs" kauft,sodaß der Pferde= 
handel mit den Zigeunern viele Jahre dauerte. 
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