Volltext: Almanach der feinen Küche

Von Köchinnen, Hausfrauen und Rezepten 25 
keinen Grund hat, sie mit jener gönnerhaften Ueberlegenheit zu 
behandeln, die durch den Anschein von Respekt nur noch peinlicher 
wirkt. Es kommt eben darauf an, daß die Frau des Hauses über das, 
wovon sie spricht, Bescheid weiß, andernfalls soll sie lieber alles ihrer 
perfekten Köchin überlassen und sich beim Angeben des Speise 
zettels aller Bemerkungen enthalten, die doch nur belanglos oder 
absurd sein können. 
Zweifellos ist die Hausfrau meistens selbst schuld, wenn eine 
gute Köchin nach einiger Zeit nichts mehr taugt. Jede Köchin, die 
ihr Handwerk liebt, verliert das Interesse, wenn nie Gäste zu Tisch 
kommen (ganz abgesehen davon, daß sie die Uebung verliert) oder 
wenn die Herrschaft ihre Kunst nicht würdigt. Es ist nicht mehr 
als billig, der Köchin für ein gelungenes Gericht, bei dem sie sich 
besondere Mühe gegeben hat, ein anerkennendes Wort zu schenken. 
Ebenso ist es angebracht, schonend aber bestimmt zu erwähnen, 
wenn ein Gericht nicht so ist, wie es sein sollte, nicht nur damit 
sie es das nächste Mal richtig macht, sondern vor allem, damit sie 
sich nicht einbildet, ihr Fehler sei nicht bemerkt worden. Denn 
wenn die Frau des Hauses den Mund nicht aufzutun wagt, sinkt 
sie in der Achtung der Köchin, was früher oder später zu lang 
weiligem, lieblosem oder gar schlechtem Kochen führt. 
Dankbar für Lob, empfänglich für berechtigte Kritik, interessiert 
an ihrer Arbeit, erpicht, neue Gerichte auszuprobieren, arbeitet die 
Köchin sozusagen im Einklang mit der Hausfrau, die natürlich 
nicht glauben darf, sie hätte ihre Pflicht getan, wenn sie zweimal 
im Jahr bemerkt, „das war sehr gut, wie hieß es doch noch, was 
Sie uns neulich gaben“. 
Nein, die Frau des Hauses muß sich darüber klar sein, daß das 
Interesse, das man bei Tisch bekundet, nicht ohne Rückwirkung in 
der Küche bleibt. Je mehr die Köchin angespornt und ermutigt 
wird, um so größere Mühe wird sie sich geben und um so bessere 
Erfolge wird sie erzielen. Sie wird fühlen, daß sie nicht nur ein 
bezahlter Dienstbote, sondern ein Mitglied des Haushaltes ist, ein 
Mensch mit Vorzügen und Fehlern, eine anerkannte Person, welche 
an den Interessen der Familie teilnimmt und als dazugehörig ange 
sehen wird.
	        
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