Lehrreiche Geschichten
vom Essen
Als ich kürzlich noch einmal „Das Gespenst von Canterville“
las, war ich sehr überrascht, in dieser Geschichte etwas über das
Essen zu finden, und sogar etwas recht Vernünftiges.
. Mrs. Umney erzählte uns am ersten Tag, als wir hier
ankamen, Sie hätten Ihre Frau umgebracht.“
„Nun ja, das gebe ich zu, sagte das Gespenst verdrießlich. Aber es
wareine reine Familienangelegenheit und ging niemand anders etwas an.“
„Es ist sehr böse, jemanden zu töten,“ sagte Virginia, die zu
weilen einen reizenden puritanischen Ernst zeigte, den sie von irgend
einem Vorfahren aus Neu-England geerbt hatte.
„Oh, wie ich diese billige Strenge abstrakter Moral hasse! Meine
Frau war sehr gewöhnlich, nie waren meine Halskrausen ordentlich
gestärkt und vom Kochen verstand sie gar nichts. Sehen Sie, einmal
hatte ich im Hogleywald einen Rehbock geschossen, einen prachtvollen
Spießer. Wissen Sie, wie sie ihn auf den Tisch brachte? Na ja...“
Wer hätte gedacht, in den achtziger Jahren, der Aera der Sonnen
blumen, des Salbei-Grün, der Pfauenfedern, der zart abgestuften
Töne, des paradoxen Denkens, der unbekannten Edelsteine, auf so
etwas Grobes und Materielles zu stoßen wie Essen. Die voran
gegangene Generation hatte sich allerdings sehr für die Realitäten
des Lebens interessiert, einschließlich der Küche, man denke nur an
die Geschichte von L—, dem berühmten Richter im Zweiten Kaiser
reich. L— arbeitete sein Leben lang sehr hart und hatte, obwohl
er ein großer Feinschmecker war, kaum je die Zeit, sich mußevollen
Mahlzeiten hinzugeben. Infolgedessen beschloß er, als er sich ins
Privatleben zurückzog, den Rest seiner Tage dem Genuß guten
Essens zu widmen. Er engagierte eine berühmte Köchin, und einer
seltenen Schwelgerei frönend, begann er damit, sein Frühstück im