Volltext: Jahresbericht des Akademischen Görres-Vereins München und des Akademischen Leo-Vereins Innsbruck für das Jahr 1906/7 (1906/7)

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Aufrufs, sahen sich darauf veranlaßt", aus der „Renaissance“ aus 
zutreten. Eine um so größere Genugtuung boten uns die mehr 
fachen brieflichen Kundgebungen von Ehrenmitgliedern beider 
Vereine, worin sie jene Beschlüsse bedauerten und uns ihrer leb 
haften Sympathie versicherten. Übrigens waren die Brieger Ver 
handlungen weit davon entfernt, uns in unseren Bestrebungen irre 
z,u machen. Ihi Gegenteil! Indem man von einsichtiger Seite 
unserer Tätigkeit volle Anerkennung widerfahren ließ, ja gerade 
von den Wortführern der Intransigenten eine Neubelebung des 
schweizerischen Studentenvereines im Sinne und Geiste der „Re 
naissance“ befürwortete, so war dies der glänzendste Beweis, daß 
wir den richtigen Weg betreten, wie auch die nachdrücklichste 
Aufmunterung, auf der eingeschlagenen Bahn mutig weiter zu mar 
schieren. 
Das Wintersemester war ein Semester eifrigster Arbeit. In 
hergebrachter Weise veranstaltete man am 18. Dezember im stim 
mungsvollen Saal des Zunfthauses „zur Saffran“ eine bescheidene 
Weihnachtsfeier, in deren Mittelpunkt ein kraftvolles, von edelstem 
Weihnachts- und Krippengeist getragenes Wort des Herrn Regie 
rungsrat P. Conrad über die Bedeutung des Katho 
lizismus in der Gegenwart stand. Es waren herrliche, 
begeisternde Gedanken, denen der verehrte Redner angesichts des 
brennenden Baumes beredten Ausdruck verlieh. Neben anderen 
musikalischen Einlagen, wie z. B. einem prächtigen Violinquartett 
aus R. Wagners „Lohengrin“, entzückte Herr stud. iur. Conrad 
durch wundervoll gesungene Lieder die festliche Versammlung. 
Der Abend des 30. Januar war dem Andenken des großen 
Pürsten französischer Kritik, dem vornehmen Vorkämpfer der 
geistigen Warte des Katholizismus in Frankreich, gewidmet: Fer 
dinand Brunetiere. Dr. L. Schneller wußte die Linien 
von Brunetieres Lebenswerk so meisterlich zu zeichnen, daß der 
unvergeßliche Schüderer französischer Literatur, der hinreißende 
Conferencier und glänzende Leiter der „Revue de deux mondes“ 
nochmals in seiner ganzen Bedeutung vor unseren Augen stand.*) 
Leider sollte die „Renaissance“ mit Ende dieses Semesters 
einen empfindlichen Verlust erleiden. Giovanni Cop eil o, der 
unermüdliche und anspruchslose Virtuose auf dem Klavier, rüstete 
sich als Maschineningenieur auf den Weg ins Philisterium. Wir 
ließen ihn ungern ziehen, war er doch allen ein Heber, herzens 
guter Kamerad gewesen. 
In die Reihe der Ehrenmitglieder riß der Tod wiederum eine 
empfindliche Lücke; am 7. Dezember 1906 starb der um die Ge- 
*) Der Vortrag ist abgedrackt in der »Schweizerischen Rundschau«, 
Jahrgang 1906, Heft 1.
	        
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