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ift, als die der ehelichen, fo beruht dies darauf, daß die sozialen Verhält^
nilfe, unter denen die unehelichen Kinder zur Welt kommen, wefentlich
fchlechtere find. Wenn aber die unehelichen Kinder unter einwandfreien
Verhältnilfen <z. B. in den Gebäre und Findelanftalten) zur Welt kommen
und dort aufwachfen, fo ift die Sterblichkeit bei diefen ebenfo niedrig,
wie bei den ehelichen. Alle sozialen Mißftände <Armut, fchlechte
Wohnung, mangelnde Pflege etc.) werden auf das Gedeihen desKindes
einen um fo größeren Einfluß ausüben, je jünger das Kind ift. Aber fie werden
fich dann befonders geltend machen, wenn das Kind auf die natürliche
Nahrung und die Pflege durch feine Mutter verzichten muß. Vergleichende
Unterfuchungen in ärmeren und reicheren Schichten bezüglich der Säuglings-
fterblichkeit haben die wichtige Tatfache zu Tage gefördert, daß die Sterb
lichkeit der künftlich genährten Kinder bei den reicheren Kreifen
bedeutend größer ift, als die der bruftgenährten Kinder der
ärmeren Schichten. Die Sterblichkeit der Bruftkinder dagegen ift in beiden
Schichten faft die gleiche. Wenn alfo in den ärmeren Kreifen mehr Kinder
fterben, als in den reicheren, fo ift diefes Plus vornehmlich bedingt durch
die Mehr fterblichkeit der künftlich genährten Kinder, denen unter den
ärmeren fozialen Verhältnilfen nicht die entfprechende Sorgfalt zugewendet
werden kann, welche die künftliche Ernährung verlangt.
Alle Mängel, welche die Armut, das foziale Elend mit fich bringen,
können dagegen dem gefund geborenen Kinde weit weniger Schaden
bringen, wenn es geftillt wird. Daraus ergibt fich fchon die unbedingte
Notwendigkeit/ daß alle Wohlfahrtsinftitute, die dem Säuglingsfchutze
dienen follen, fo eingerichtet fein müflen, daß den Müttern die Möglichkeit
geboten wird, fich den Still- und Pflegepflichten, welche ihnen die Mutter^
fchaft auferlegt, voll und ganz widmen zu können. Die Mutter muß fich
fchon in der Zeit vor der Geburt des Kindes lo weit fchonen können,
daß fie allen ihren zukünftigen Mutterpflichten gewachfen ift und in feelifcher
Ruhe der fchweren Stunde entgegenfehen kann. Nach der Geburt des
Kindes muß fie, foll die Gefundheit des Säuglings keinen Schaden erleiden,
fo weit in der Lage fein, ihr Kind nicht verlaßen zu müflen, um es füllen
zu können und dem Kinde alle jene wunderfamen Schutzkräfte zu geben,
weldie die Muttermilch enthält. Die Sterblichkeit ift bei den Neuge^
borenen eine fehr große. Keine künftliche Nahrung (Kuhmilch,
Kindermehle, Nährpräparate) ift im Stande, die natürliche Nahrung zu
erfetzen. An diefem Grundfatze kann nicht gezweifelt werden, wenn auch
darauf hingewielen wird, daß einzelne Kinder aus dem Bekanntenkreile
mit der Flafche aufgezogen wurden und gut gediehen find. Dem Kundigen
werden die Unterfchiede nicht entgehen. Die Widerftandsfähigkeit gegen
Krankheiten und die pfychifche und phyfifche Entwicklung des Kindes im