Volltext: Der Skiläufer

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Mle diese Stadien kennt der Skiläufer, der nicht nur mit den 
Muren, sondern auch mit den Augen läuft, und er kennt noch 
einigle Dutzend Variationen davon. So den Pulverschnee, der über 
Nacht wieder alles neu macht; den Pappschnee, der nicht trocken 
und ächt naß genug und der Feind aller Anfänger ist; den körnigen 
Schnee, der auch große Anhänglichkeit an die Ski an den Tag legt; 
den steinharten Bretterschnee, der aber noch eben ist und dazu so 
anständig, zu tragen; oder seinen falschen Bruder, den verkrusteten 
Schnee, der zwar auch trägt, aber gewöhnlich gerade dann durch 
bricht, wenn man einen Kristiania machen will, was auf hartem 
Schn- v ja so gut geht; oder den Schneeharsch, der, durch den Sturm 
bearb cket, in schönen Kurvenlinien blätterartig übereinander liegt 
wie ' Muschelkalk; oder den Hunderttausendtaler-Schnee, dessen 
flache, runde Eisschuppen rasseln wie eitel Silber und Gold; oder 
den Hcrsch mit vereisten, kleinen Hügeln dazwischen, auf denen die 
Ski nhc so klappern; oder jenen Schnee auf stürmischen Kuppen, 
für den es im Deutschen keinen Namen gibt, der. sich aber zu Stürzen 
am wenigsten eignet, weil man sich an seinen scharfen, aufrecht- 
stehende n Zacken und Eismessern die Hände durch die Handschuhe 
hindurch zerreißt; oder den schweren, mehligen Schnee, in dem das 
„Spuren" ein so geringes Vergnügen ist, daß man immer gerne 
andern den Vortritt läßt; oder den leichten, ausgelaugten Schnee, 
den man dann und wann im Frühling trifft, und in den man ein- 
sinkt bis an die Knie, ohne daß das Vorwärtskommen wesentlich 
gehinden ist; oder aber schließlich, wenn die Frühlingssonne heiß 
auf tiefen, gesetzten Altschnee scheint, jene salzige Masse, auf der 
die Ski laufen wie toll, und auf der es überflüssig ist, zweimal zu 
fallen, woil man beim erstenmal schon ganz patschnaß wird. 
Wer aber den Hochgenuß der Hochgenüsse im Schnee kennen 
lernen will, dem ist zu wünschen: auf nassem Altschnee eine dünne 
Schicht neuen Pulverschnees, beides gut zusammengefroren und als 
nou plus ultra ein feiner Hauch von glitzerndem Rauhreif darüber. 
Wer dann nicht zufrieden ist, der ist für das Skilaufen hoffnungslos 
verloren. 
„Es pappt." 
Wenn man gebildet sein will, sagt man: „Es klebt." Das 
Pappen ist die Kinderkrankheit des Schneeschuhlaufens. Die be 
trübten, ärgerlichen Gesichter der Leute, die am Morgen draußen 
auf der Schneeschuhen vor dem Hotel stehen und einander in sicht 
licher Verstimmung mitteilen, daß es klebe, erinnern an das Kind 
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Fendrich, Skiläufer
	        
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