Volltext: Sagen aus dem Bezirke Freistadt

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Schuhe nur der Spitze nach außen un 
ter das Bett stellt» das einfachste Mit 
tel aber ist —wenn man in der Seiten 
lage schläftI) 
An das Treiben der Hexen schließt 
sich das Können der „N e u s o nn t a g s - 
kinder" an. Die verstehen im Volks 
glauben gar vieles» was über natür 
liche Kräfte hinausreicht» z. B. das 
„Anbinden" von Personen, Gegenstän 
den, Fuhrwerken. Weih der Fuhrmann» 
welche Speiche im Rade der Wagner 
zuerst angefertigt hat, so kann er sich 
helfen. Er braucht sie nur abzuschlagen, 
freilich ist damit auch der Fuß des „An 
binders" ab. 
49. Ein Fuhrmann war bei einer 
Lanzunterhaltung in Pregarten. Er 
machte sich mit seinem Fuhrwerk auf 
den Heimweg, kam aber nur bis zur 
Stelle des heutigen Friedhofes, wo der 
Wagen stehen blieb. Die Pferde zogen 
mit voller Muskelkraft an, der Wagen 
war nicht vom Platz zu bringen. Der 
Fuhrmann schlug eine Radspeiche ab 
und konnte weiterfahren. Am Tanzboden 
hat sich aber zur selben Stunde ein 
Mann den Fuß gebrochen. 
Am vor dem Anbinden geschützt zu 
sein, muh man zuerst das linke Vorder 
rad, dann das linke Hinterrad und zu 
letzt das rechte Vorderrad schmieren. 
Bindet der Anbinder einen Dieb an, so 
muß er darauf achten, ihn vor Son 
nenaufgang abzulösen, sonst ist der Dieb 
zeitlich und ewig verloren und nur ein 
Häuflein Asche bleibt übrig. — Durch 
eine „Reutern" kann ein Reusonntags 
kind den Dieb entdecken. „Anbinder" 
waren um 1860 herum nach der Be 
hauptung der Leute ein Wagner von 
Pabneukirchen und der Rauchfangkehrer 
von Schwertberg.io) 
Hirten, Jägern und Viehschneidern 
traute man die Kunst zu, mit gewissen 
Kräutern sich und andere gegen Hieb, 
Stich und Kugel fest zu machen und 
sich durch Zauberbänder und Amulete 
gegen Angriffe anderer zu schützen. 
Zur Zauberei gehören vielerlei Sa 
chen. Menschenknochen, Friedhoferde, 
Schlangenaugen, verschiedene Kräuter u. 
dgl. Die geeignetsten Plätze sind 
Höhlen. Felsen, Schluchten, die beste 
Zeit, die Mitternachtsstunde. 
Wollte man Besonderes leisten, so 
verschrieb man sich dem Teufel, der dann 
alle Wünsche erfüllen mußte. 
Die Zauberer hatten gewöhnlich 
einen Stab oder eine Zauberrute (Wün 
schelrute)^) 
'0) Eiben stein er, (Sreiner Wochenblatt. 
Zauberern und Neusonntagskindern 
gelang es auch, Schätze festzustellen. 
50. Der alte Jäger Andre kam als 
Knabe in den Burghof von Ruttenstein. 
In der Nähe der Stelle, die man für 
das Burgverlies hält» sah er eine Truhe 
stehen, ein Vorhangschloß daran und 
einen kleinen Schlüssel stecken. Er zog 
den Schlüssel ab und brachte denselben 
seinem in der Nähe arbeitenden Vater. 
Dieser, sowie die Bauersleute der Nach 
barschaft begaben sich mit dem Knaben 
in die Ruine. Der Kleine mußte die 
Stelle zeigen, wo die Truhe gestanden, 
doch es fand sich keine Spur von der 
selben. Der Schlüssel wurde angeblich 
lange Zeit von einem in der Nähe woh 
nenden Bauer aufgehoben, ging aber dann 
verloren und so blieb der Schatz bis heute 
unbehoben. Der Glaube hieran lebt heute 
noch ungeschwächt in der Bewohner 
schaft Hofstättens fort?i) 
Die Kunst, sich unsichtbar zu machen, 
verstanden einst viele. 
51. Von Kalchgruber, dem Bauern- 
advokäten, der ja mit einem Sagenkreis 
umgeben ist, erzählt man, daß er sich 
unsichtbar machen oder in einen Gegen 
stand verwandeln konnte. So sollen einst 
in der Weiglmühle an der kleinen Gu 
ten die Suchenden seine Ahr ticken ge 
hört haben, finden konnten sie ihn aber 
nicht. 
Ein andermal verwandelte er sich, 
da er den Verfolgern nicht mehr ent 
eilen konnte, in einen Baumstumpf. Ein 
Iäger, von der Verfolgung müde» rastete 
an eben jenem Stumpfe aus, richtete 
sich sein Pfeifchen her und stieß den 
Pfeifenräumer in den Strunk, was 
Kalchgruber eine Verletzung im Fuße 
verursacht haben soll. 
Zigeunerinnen können auch zaubern 
und Kommendes voraussagen (besonders 
aber Geld den dummen Leuten Heraus 
locken.) 
52. Eine Frau ging auf der Straße 
nach Hagenberg. An Stelle der Ka 
pelle am Wirtsberg begegnete ihr eine 
Zigeunerin und verlangte 10 Gulden. 
Die Frau hatte diesen Betrag nicht 
und so drohte die Zigeunerin, daß sie, 
falls sie das Geld nicht hergebe, in neun 
Tagen vom Blitze getötet werde. Die 
Frau ging ruhig ihres Weges. Nach 
neun Tagen ging sie denselben Weg 
und wurde von einem Gewitter über 
rascht. An derselben Stelle, an der ihr 
die Zigeunerin gedroht hatte, wurde sie 
tatsächlich von einem Blitzstrahl getrof 
fen und getötet. 
") Lehrer Karrer.
	        
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