Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

232 
gewesen sein, die da durchs Kartoffelfeld an meinem 
Hause vorbeiritten. Also die Russen sind wieder da, da 
zu bist du nun nach Hause gekommen! Doch so schnell, 
wie sie gekommen, waren sie auch wieder verschwunden. 
Die Nacht brachte Ruhe. Aber am nächsten Morgen 
ging nun der Durchmarsch der Russen an, und jetzt waren 
es auch keine 70, sondern viel, viel mehr. Als das kein 
Ende nahm, zog ich mir meinen Talar an und stellte 
mich ans Fenster. Als aber einige auf mich hinzeigten, 
trat ich etwas zurück; denn dieser ganze Durchzug der 
Russen war mir doch etwas beängstigend. Ich zählte drei 
Fahnen und sah einige Geschütze, aber keine Fußtruppen. 
Als der letzte Russe vorbei geritten war, ging ich auf 
den Gutshof, um doch in Gesellschaft zu sein. Bald war 
auch etwas Geschützdonner auf Neidenburg zu zu hören, 
aber sehen konnten wir nichts, obwohl wir von der Meierei 
aus einen guten Ausblick hatten; ich blieb dort bis zum 
Nachmittage. Da, es war Kaffeezeit, sehe ich auf dem 
Hofe einen russischen Soldaten, dessen Hosen breite rote 
Streifen trugen; wie ich hörte, ein Kosak, und da noch 
einer, es soll Einquartierung hier geben, die Russen kom 
men zurück. Nun aber schleunigst nach Hause, ich eile 
schon den kürzesten Weg durchs Kartoffelfeld und sehe 
einige Leute vor meiner Haustür, und ein Soldat macht 
schon die energische Bewegung, um die Tür einzuschlagen, 
ich schwinge da laut schreiend meinen Hausschlüssel in 
der Luft, worauf die Gesellschaft mich erwartet. Ein 
Offizier ist dabei und bestellt Quartier für den Herrn 
General. Ich zeige nun die Zimmer, bedaure aber, daß 
ich niemand habe, der für Verpflegung sorgen kann; das 
sei auch nicht nötig. Nur fand es der Offizier unrichtig, 
daß ich die Meinigen fortgebracht hätte; denn von den 
Russen, die doch keine Barbaren seien, hätten sie nichts 
zu fürchten. Der Offizier sprach sehr gut deutsch. Als 
ich nun in einem Zimmer das Bild der Kaiserin hängen 
sah, wies ich darauf hin mit der Frage, ob ich das un 
gestört hängen lassen könnte, darauf schlug er die Hacken 
zusammen, grüßte vor dem Bilde und bejahte die Frage 
unbedingt. Als ich nun fragte, ob ich die Kirche offeü 
stehen lassen sollte, meinte er: „Es sind im Hofe Kosaken
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.