Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

blieben nicht aus. Der Bialutter Wald sollte schon von 
Russen besetzt sein, auf dem Soldauer Wege seien Russen 
getroffen worden, da galts nun die ausgemusterten Pferde 
noch rechtzeitig nach Gilgenburg an die Militärbehörde 
abliefern, bevor sie hier von den Russen abgefangen wür 
den. Ein prächtiger Anblick, wie die jungen Leute mit 
den zusammengekoppelten Tieren die Straße nach Sol- 
dau hinjagten. Des Abends sollten uns noch beängstigende 
Nachrichten aus dem Nachbardorfe Dwierznia kommen. 
Flüchtlinge erschienen mit hochbepackten Wagen und wuß 
ten erschrecklich hohe Zahlen russischer Truppen anzu 
geben. Auch wurde viel von Drangsalen des dortigen 
Försters und seiner Familie erzählt, der aber glück 
licherweise mit den Seinen sich doch noch retten konnte. 
Die Schatten des Abends mahnten bald auch die 
Aufgeregten zur Ruhe, und der nächste Morgen brachte 
das erfreuliche Bild eines deutschen Kürassierpostens. 
Nun fühlten wir uns bedeutend ruhiger und der neue 
Arbeits- und Erntetag forderte Anspannung aller Kräfte. 
II. Die erste Flucht. 
Schon früh am Morgen des 4. Augusts war Kano 
nendonner zu hören; die Russen rückten gegen Soldan 
vor. Im Walde brennt's an einigen Stellen, auch müssen 
Brände in Ortschaften angenommen werden; es ist doch 
fraglich, ob man bleiben darf, wenn das Gefecht näher 
käme; bei solcher Stimmung hört natürlich die Arbeits 
lust auf. Doch als das Schießen beendet, da geht auch 
die Arbeit von neuem los; man sieht die leeren Wagen 
heraus und die beladenen Erntewagen wieder herein 
fahren. 'Aber nicht lange währt die Arbeit, denn dort 
kommen die ersten Russen geritten; da jagen die Wagen 
auch auf den Hof. 13 Reiter sind's, keine Kosaken; sie 
reiten ziemlich langsam gegen das Dorf vor, die Spitze 
teilt sich kurz vor dem Pfarrhause, der eine reitet den 
Weg nach dem Gut, der andere am Pfarrhaus vorbei 
ins Dorf hinein; dann ein paar Schüsse im Dorf und 
auf dem Gutshof, die 11 anderen Russen machen sofort 
Kehrt und jagen zurück. Aber im Dorf und Gut 
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