Volltext: Katholische Dichtung

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den Florian. Wie unruhig, queckfilberig er heute wieder war, diefer fchwarz- 
lohende Strubbelkopf! Wie luftig feine dunklen Augen über das Gewimmel 
der Köpfe dahingingen, bald zu dem Silberfcheitel des Rektors da vorne, bald 
wieder zu dem fuchfigen Sommerfproflengeficht feines Kameraden zur Seite! 
Mir fchwante, daß er etwas im Schilde führte. 
Aus diefen Ahnungen riß mich feine Stimme heraus. „Weifcht du“, fo hörte 
ich ihn leife zu feinem Kameraden fagen. „Gleich bifcht du an der Reihe und 
dann?“ Wieder war es die dunkle Tenorftimme Florians., die ich hörte 
— — „machfchte’s wie die andere auch. Du gehft hübfch auf das Podium 
nauf, reichfcht ihm die Hand und dann “ ich fah, wie Florians Hand 
ganz heimlich etwas Silberiges in die des Freundes hineinfchob — — 
„drückfcht ihm das in die Hand, weifchte fo als Trinkgeld.“ 
Einen Augenblick fahen mich die arglofen, gutmütigen Augen des jungen 
Schwaben fragend und zaudernd an. Was follte ich tun? Ihm lachend das 
Schelmengeficht des Florian zeigen? Ich fchwankte, überlegte. 
Schon aber wurde fein Name im Saale gerufen. Dann aber fah ich, wie er die 
dichten Reihen durchdrängte, das Podium betrat und nun vor dem Silber 
fcheitel des greifen Rektorengefichtes ftand. Mit Spannung verfolgte ich alles. 
Dann ein kräftiges, mannhaftes Händedrücken und Händefchütteln. Schon 
aber fah ich ihn wieder lächelnd zur Seite verfchwinden. 
In diefem Augenblicke aber reckten fich hundert Köpfe empor da vorne zum 
Podium. Ich fehe noch den Rektor daftehen und fehe noch feine zitterigen 
Fiände, wie fie das ihnen heimlich zugefchobene Silberftück immer näher unter 
die Brill^ngläfer emporführten. Einen Augenblick ftutzte er; dann aber glitt 
plötzlich ein gütig verftehendes Lächeln über fein bebrilltes Gefleht. Ein paar 
Minuten herrfchte atemlofe Stille. Und was dann folgte, war ein tofender 
Beifallsfturm und ein Getrampel im Saale, das kein Ende nehmen zu wollen 
fchien. 
Entnommen aus: Heinrich Schotte „Mein blaues Tor“. Roman. 268 Seiten. Kartoniert M.$.— 
in Leinen M. 6.jo 
„Ein Entwicklungsroman. Und es ift ein wirklicher Dichter, der ihn 
gefchrieben hat. Was er uns da in farbenreichen, vielfach hochpoetifchen 
Schilderungen in echt dichterifcher Sprache fchildert, das ift ein Leben 
reicher Arbeit und ein hervorragender Bildungsgang, der durch feine 
reichen und feinen Beobachtungen pfychologifcher Art einen befon* 
deren Wert erhält. Es ift ein Buch, das man gerne, weil mit wirklichem 
Genuß, lieft, ein Buch von echtem Idealismus, das den Lefer ergreift.“ 
Deutjche Zeitung, Berlin 
„Ein autobiographischer Roman, den man als dichterisches Bekennt* 
nis auffaffen möchte, ehrlich und ungekünstelt, mit einem leisen Zuge 
von Altertümlichkeit. Es ist die alte Geschichte von Gärung und 
Klärung, aber das Unaffektierte des Vortrags gibt ihr neuen Reiz.“ 
„Der Tag“, Berlin
	        
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