Volltext: Über die Frage eines wirtschaftlichen Zusammenschlusses zwischen Österreich-Ungarn und Deutschland

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Allerdings müssen wir bei einem wirtschaftlichen Zusammen¬ 
schlüsse mit Deutschland auch erwarten, daß unsere Industrie von 
der größeren Erfahrung und von der größeren Energie der deut¬ 
schen Industrien lernt. Ich bin aber der Überzeugung, daß die öster¬ 
reichische Industrie an sich dazu befähigt ist, die ihr teilweise und 
bei geeignetem Schutze allmählich bevorstehende Umgestaltung der 
Produktion tatkräftig durchzuführen. Diese Überzeugung gründet 
sich insbesondere auch auf die Tatsache, daß während des jetzigen 
Krieges unsere Industrie es Wohl verstand, sich der geänderten 
Situation anzupassen und vielfach ihre Betriebe auf die Erzeugung 
ganz neuer Massenartikel mit Erfolg und rasch einrichtete. 
Schließlich will ich noch auf ein von den Gegnern des wirt¬ 
schaftlichen Zusammenschlusses gebrauchtes Schlagwort zurückkommen. 
Man sagt, die Frage sei die, ob sich Österreich gegenüber dem Aus¬ 
lande das Selbstbestimmungsrecht bei Abschluß seiner Handels¬ 
verträge wahren will oder als Trabant Deutschlands die Verträge 
mit dem Auslande schließt. Hierauf glaube ich kurz antworten zu 
können: Wir führen den gegenwärtigen Krieg gewiß nicht als Tra¬ 
bant Deutschlands, sondern ebenbürtig für gemeinsame Ziele. Aus 
diesem Kriege wurde aber auch der Gedanke der wirtschaftlichen 
Einigung geboren. Es könnte daher nur als der Ausdruck einer 
eifersüchtigen Schwäche gelten, die wir energisch von der Hand 
weisen müssen, wenn wir einerseits Deutschland zumuten würden, 
daß es uns als seinen Trabanten behandeln wolle, und anderseits 
uns nicht die Kraft der Selbstbestimmung innerhalb der uns frei¬ 
willig im eigenen Interesse gesetzten Schranken zutrauen, die für 
Deutschland so gut gelten sollen wie für uns. 
Aus meinen Ausführungen wollen Sie sehen, daß schon die 
Frage, ob wir einen wirtschaftlichen Anschluß an Deutschland an¬ 
zustreben haben, eine so vielseitige ist, daß Geheimrat Paasche mit 
Recht gesagt hat, wenn wir uns über das Wesen einig geworden 
sind und den Gedanken ins Volk tragen, daß wir in Zukunft ge¬ 
meinsam auf volkswirtschaftlichem Gebiete auftreten wollen, haben 
wir schon viel, sehr viel erreicht. Damit ist aber natürlich die Sache 
nicht abgetan. 
Die praktische Durchführung erfordert eine riesige aber dank¬ 
bare Arbeit, zu deren Leistung die besten Männer gerade gut genug
	        
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