Volltext: Religion und Rechtspflege

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jedem Begriffe von Strafe Hohn sprechenden Verhätschlung von Ver 
brechern jemals das Wort geredet haben. 
Und was den Schadenersatz betrifft, so sind ja die Klagen allge 
mein und dieselben nicht etwa durch Hinweisung ans das Gesetz abzu 
fertigen, das genügt ausreichend, wenn das Richteramt das rechte 
Gefühl dafür hat, daß dem Verletzten volle Entschädigung gebührt, 
und wenn es nicht vor jedein Alisspruche einer höheren Entschädigungs 
summe zurückschreckt. 
Hat denn das einen Sinn oder eine Berechtigung, wenn einem 
rohen Gesellen, der einem harmlosen Manne aus bloßer Rauflust eine 
schwere Verletzung beibringt, die ihn wochenlange berufsunfähig macht 
und große Schmerzen verursacht, eine Strafe von einigen Wochen, 
vielleicht von kürzerer Dauer als der Beschädigte in der Haft der 
Krankenstube war, diktirt und dem Beschädigten ein Schmerzengeld 
von einigen Gulden zugesprochen wird? 
In Oberösterreich wird Dank der vortrefflichen religiösen Bil 
dung seines Landvolkes Jahr aus Jahr ein mit eigens zubereiteten 
lebensgefährlichen Werkzeugen gerauft — was geschieht denn dagegen 
von Seite der Justiz — was von Seite der Polizei? 
Von Ersterer eben sehr wenig — von letzterer so gut wie gar 
nichts, und doch wäre binnen Jahr und Tag das Uebel aus 
zurotten. 
Unredlichkeit ist das zweite Kardinalübel — das Richteramt wird 
gegen dieselbe angerlifen sowohl in seiner civilrechtlichen als strafrecht 
lichen Sphäre und könnte durch eine rigorose Gesetzesauslegnng und 
Anwendung ganz anders wirken, als es der Fall ist. 
In der Gegenwart neigt sich auch da das Richteramt, dem 
Zuge der Zeit folgend, welcher jede strenge Auffassung der Pflicht ab 
lehnt, immer mehr auf die Seite des Geklagten und ist in der Be 
messung des Schadenanspruches äußerst ängstlich. 
Der Begriff des strafbaren Betruges ist beinahe abhanden ge 
kommen und kaum mehr möglich, die eclatantesten Fälle vor den 
Strafrichter zu bringen. 
Die Unverläßlichkeit und Leichtfertigkeit im Verkehre ist, wie be 
merkt, unserer Zeit characteristisch, weil eben die Verantwortlichkeit 
dafür höchst selten im Ernste eintritt.
	        
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