Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1873 (1873)

mit allseitiger Befriedigung von jenen aufgenommen werden, für die es 
bestimmt ist. 
Bis jetzt geht das Hauptstreben der oberösterreichischen Landwirthe zunächst 
nur dahin, daß die mancherlei juristischen Schwierigkeiten und Kosten des 
Grundtausches beseitigt werden mögen und die Einzeltäusche, wie sie durch 
die Grundeigenthümer selbst ohne Commission ausgeführt werden können, 
möglichst zu begünstigen. Unbekannt dagegen ist im Lande noch jene Art der 
Commassation, wie man sie in vielen deutschen Ländern, in neuester Zeit 
insbesondere in Hessenkassel, um Merseburg u. s. w. durch Commissionen 
ausgeführt hat, mit den großartigen Umgestaltungen ganzer Gemeindegebiete, 
das Innere der Dörfer nicht ausgenommen, mit Beseitigung aller Wegservi 
tuten, mit vollständig neuen auf das zweckmäßigste eingerichteten Wirthschafts 
wegen, mit Regulirungen der Büche und Wassergräben, den zahlreichen Drains 
rungen, die man nicht etwa nur für die Bedürfnisse einzelner kleiner Grund 
stücke, daher unvollkommen und im Ganzen kostspielig, sondern nach einheit 
lichen Systemen für ganze commassirte Flurtheile gemeinschaftlich ausführt, 
mit der gleichzeitigen Ordnung und Feststellung aller Rechtsverhältnisse über 
die Benützung der Gemeinde- oder gemeinschaftlichen Grundstücke, der künf 
tigen Erhaltung der Feldwege und zahlreicher anderer gemeinschaftlicher Anla 
gen, Gemeindebaumschulen, Ablösung etwa noch bestehender Servituten, gleich 
zeitiger Ordnung des Grundbuches u. dgl. 
Für solche Zwecke ist ein juristischer Commissär bestellt, und ist dem 
selben ein für das Geschäft ausgebildeter Geometer beigegeben, welcher im 
Stande ist, auch die technischen Arbeiten geschickt anzugeben. Für schwierigere 
Fälle, insbesondere größere Bewässerungen oder Entwässerungen werden auch 
Wiesenbaumeister oder Culturingenieure, wenn es sich um forstliche Fragen 
handelt, auch der von der Regierung bestellte Forsttechniker beigezogen. 
Das Verfahren der Commissionen ist im Gesetze sehr genau geregelt. 
Die Commissionen schreiten ein, sobald sich die einfache Mehrheit der Grund 
eigenthümer einer Ortschaft, nach dem Steuergulden berechnet, für die Ein 
leitung des Verfahrens ausspricht. Bestehen noch Servituten in der Gemeinde 
z. B. eine gemeinschaftliche Weide auf den Brach- und Stoppelfeldern oder 
auf Gemeindegründen, so genügt es, wenn der vierte Theil das Verfahren 
begehrt. Gegen einen unrichtigen Vorgang, unrichtige Schätzung u. dgl. 
hat jeder einzelne das Beschwerdenrecht; in solchen Fragen entscheidet die 
Majorität. 
Mit jeder Theilung von Gemeindegründen muß die Arrondirung sämmt 
licher Grundstücke verbunden werden; wo nicht alte Gemeingründe vertheilt 
werden, insbesondere bei Gemeinde- und Gemeinschaftswaldungen, welche nicht 
getheilt werden dürfen, sondern als solche erhalten werden müssen, sind durch 
ein Statut oder eine Regulirungsurkunde die Nutzungsrechte der einzelnen 
Theilnehmer und der einzuhaltende Wirthschaftsplan festzustellen. 
Die Commissionen genießen das vollste Vertrauen der Bevölkerung, so 
daß z. B. in Hessenkassel, wo das neue Gesetz erst im Jahre 1867 einge 
führt wurde, nun schon ein großer Theil der Gemeinden commassirt ist. 
Besteht einmal in Oberösterreich ein ähnliches Verfahren, und gelingt 
es, unseren Landwirthen in Gegenden, wo der Grundbesitz derzeit noch schlecht
	        
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