Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1873 (1873)

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feiger nach den Normen jenes Gesetzes mittelst Erkenntnisses als unwirksam 
erklärt werden soll. 
Das Gesetz gewährt zwar noch ein zweites, aber in seinen Wirkungen 
nicht minder mißliches Auskunftsmittel. Der neue Erwerber, welcher im Wege 
des Kaufes oder Tausches oft nur eine kleine Parzelle von einem stark bela 
steten Bauerngute an sich bringt, läßt den ganzen Schuldenstand des Bau 
erngutes auf seine erworbene Parzelle übertragen, wodurch er im Sinne des 
Gesetzes der Einvernehmung der Tabulargläubiger überhoben wird. Die Nach 
theile dieses Vorgehens bestehen weniger in der Gefahr der Haftnug des neuen 
Besitzers für den Schuldenstand, zu dessen Deckung in der Regel doch das in 
erster Linie verpfändete Bauerngut des Verkäufers ausreicht, als vielmehr darin, 
daß die, über die abgetretenen Parzellen neuerrichteten Grundbuchsfolien mit 
einer Unzahl von Tabularschulden belastet werden, für die der Besitzer eine 
Haftung gar nicht übernehmen will, die eine weitere Benützung des Real 
kredits unmöglich machen, und deren Löschung nach Jahren mit kaum zu 
besiegenden Schwierigkeiten verbunden ist. 
Zu den zahlreichen reinen Grundtäuschen, die sich jetzt vollziehen, 
kommen aber auch noch die Käufe und die vielen Täusche mit Aufzahlungen; 
bei einem gesetzlich geregelten Verfahren sorgt die Auseinandersetzungsbehörde, 
daß die Aufzahlung zum Vortheile der Tabulargläubiger verwendet oder für 
sie sonst gesichert werde; beiden dermaligen durch kein Gesetz geleiteten Arron- 
dirungen können in solchen Fällen die Rechte der Tabulargläubiger wirklich 
gefährdet werdeu, da die Aufzahlung von dem Besitzer, der sie empfängt, 
beliebig verwendet wird, ohne daß die Tabulargläubiger davon in Kenntniß 
kommen. 
So groß ferner auch die Wirth schaftlichen Vortheile der schon jetzt 
ohne weitere Mithilfe von den Grundeigenthümern allein zu Stande gebrachten 
Arrondirungen sind, so ist doch nicht zu zweifeln, daß auch diese Vortheile 
** durch ein gesetzliches Verfahren, wie es in den nord- und mit 
teldeutschen Ländern besteht, noch wesentlich vermehrt werden können. 
So lange man die Arrondirung des Grundbesitzes nur dadurch anstrebt, 
daß heute dieses, morgen jenes Grundstück, wie sich eben die Gelegenheit er 
gibt, durch Kauf oder Tausch erworben wird, erwachsen den Grundbesitzern 
durch diese Einzelkäufe unendliche Kosten, welche der Landwirtschaft das so noth 
wendige Betriebskapital schmälern, weil sie auf Dinge verwendet werden müssen, 
die mit dem landwirtschaftlichen Betriebe in keiner Verbindung stehen. Würde 
man die Kosten, welche in solcher Weise jetzt nur vereinzelt auf derlei Täusche 
und Käufe in den letzten Jahren aufgewendet wurden, zusammenlegen, so 
könnte man sicher mit der Summe vollständige Commassatiouen durch das 
ganze Land zur Ausführung bringen. 
Durch die erwähnten Einzelläufe und Täusche werden aber auch nur 
in seltenen Fällen vollständig arrondirte Besitzstände erreicht, immer bleiben 
Grundstücke eingeteilt, welche selbst durch die größten Opfer nicht erworben 
werden können, und es ist dem die Arrondirung anstrebenden Landwirth nur 
in seltenen Fällen möglich, zu einem Abschluß und eben dadurch auch zu 
einem festen Wirthschaftssystem zu gelangen. 
Bei solchen Einzelkäufen und Täuschen, wie sie jetzt in den größeren
	        
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