Volltext: Heimat und Volkstum

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So schrieb unter anderem ein alter heimatkundler. Univ.Dozent vr. Arthur ha ber¬ 
la ndt-MLen schrieb in der Zeitschrift für das österreichische volksschulwesen 1919, S. 4 
Von dem Buche: „vorbildlich und führend, ein Werk, ohne dessen Kenntnis künftig kein 
Lehrer fein hingebungsvolles Amt betätigen sollte, das geradezu zum 5 tu d ienNach¬ 
weis an den Lehrerbildungsanstalten gehören mutz." 
ver Einzelne kann auf dem Boden der Heimat-Erkundung im besten Falle doch 
immer nur Stückwerk leisten. Und doch soll eine für die Zukunft unserer Schulentwicklung 
grundlegende, doch soll ganze Arbeit geleistet werden. Bei aller Anstrengung einzelner 
Heimatfreunde wird sich diese umfassende Aufgabe dennoch nie ohne Vernunft- und plan¬ 
mäßige Einrichtung erfüllen lassen,- diese Organisation müßte durch die S'chul- 
behörde erfolgen. Neben der allgemeinen Aufgabe der zeitgemäßen Lösung der Lehrer¬ 
bildungsfrage wäre eine Sondertätigkeit im Sinne der heimatforschung in der Form 
einer großzügigen, dabei aber doch ins Einzelne gehenden Landes-Vurchforschung dringend 
notwendig. Staatliche und private Forschungseinrichtungen haben schon viel vorgearbeitet. 
Es handelt sich um die Lösung einer für die ganze geistige Kultur der Volkes grund¬ 
legenden Bildungsfrage, deren Segen nicht allein! der Volksschule, sondern auch den 
übrigen Schulgattungen zugute käme und die unberechenbaren Einfluß aus die Hebung 
der allgemeinen Volksbildung haben müßte. Man denke nur an unsere Arbeiterbildungs- 
vereine und an die im Zuge der Arbeit mögliche Gründung und Ausgestaltung der natio¬ 
nalen Volkshochschule! (Näheres über Einzelheiten folgt in den weiter unten ausgeführten 
besonderen Vorschlägen, die wohl nur die Schule im Auge haben, sich aber leicht für 
weiterer Kreise Anteilnahme erweitern lassen.) 
Kehren wir aber wieder zur Volksschule, dem geistigen Aschenbrödel des Staates, 
Zurück! 
Es hat keinen Sinn, wenn die Schulbehörde die ausgedehntesten Forderungen für die 
Berücksichtigung der Heimat im Unterrichte aufstellt, im Gegensatze zu der früher betrie¬ 
benen Leitfadenpädagogik also völlig neue und überall verschiedene Lehrstoffe vorschreibt, 
der Lehrerschaft also eng bestimmte Klein- und Feinarbeit aufträgt, ohne für deren 
Feststellung auch nur einen Finger zu rühren, vie Schulbehörde übersteht, daß selbst hoch¬ 
gebildete Menschen einer gegebenen Landschaft von vornherein als Laien gegenüberstehen. 
Sie sehen einfach den Mald vor lauter Bäumen nicht. Mas Goethe konnte, ist nicht jedem 
simplen Menschenverstände gegeben. 
In der Heimat ist nichts Unbedeutendes; die kleinste und unscheinbarste Erscheinung 
ist eine Welt für sich und die Behandlung auch der scheinbar nebensächlichsten Fragen kann 
ungeahnte Ausblicke über weite Sachgebiete eröffnen. So scharfen Weitblick gewährt aber 
nur mühevolles versenken in die Eigenart der Heimat. Neben großem Fleiße und ange¬ 
spannter Aufmerksamkeit ist vor allem die Führung durch Berufene notwendig. Das 
Anhören eines schönen Vortrages in warmer Stube oder das Lesen eines guten Heimat- 
buches in behaglicher Mußestunde, ein berauschter Blick über höhen und Täler bilden 
- noch lange nicht zum Kenner der Heimat. 
'Mas berechtigt denn eigentlich die Schulverwaltung, nun gerade von ihren Lehrern, 
dieser Elendschar mit ihrer kurzen, noch dazu karg zugeschnittene und durch Orgelspiel 
und landwirtschaftliche Stubenunterhaltungen verkümmerte Lehrstoffe ausgefüllten Bil- 
dungszeit, von dieser erbärmlich besoldeten und durch allerhand Nebenerwerb und Unbill 
niedergedrückten Angestelltengattung, was berechtigt sie, von uns so viel tiefste und durch 
so viel dichterische Einbildungskraft, künstlerisches Empfinden und erzieherische Macht 
verklärte Heimatkenntnis zu erwarten und anzufordern? 
Kann der von Not gehetzte arme Tropf plötzlich zu einem Kenner der Mundart, zu 
einem überquellenden Born der heimischen Sage, zu einem geweihten Bewahrer von 
altersher geraunter volksmäre, zu einem Misser und Deuter des alten Wort- und Namen¬ 
gutes. zu einer fließenden Guelle der alten Volksüberlieferung, zu einem tiefen Kenner 
der erd- und men scheu geschichtlichen Vergangenheit seines jeweiligen Dienstortes bis ins 
Einzelne werden? und nur Einzelnes, nur ins Feinste ausgearbeitete Miniaturen 
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