Volltext: Heimat und Volkstum

Blut übergegangen ist, daß sie mich diesmal und so bei jeder Gelegenheit die bei den 
Ornamenten der Slawen Mährens gebräuchliche Linienführung und Farbengebung bringt. 
Woher kommt das? 
Xt der anderssprachigen Schule wird augenscheinlich die ganze Ornamentik auf 
nationale Grundlagen gestellt und so von frühester Jugend an der Kunstsinn der 
Schülerinnen auf nationalem Boden entwickelt. Ich will nickt gerade behaupten, daß eine 
derartige Einseitigkeit gerade nachahmenswert jst.^doch ist dies"vielleicht 'mit eine Ursache, 
daß unsere slawischen Mitbürger einen so stark national ausgeprägten Kunstsinn haben 
und daß die Erzeugnisse ihrer Kunst- und Hausindustrie weit über die Grenzen ihrer Hei¬ 
mat bekannt sind. 
Wie sieht es bei uns damit aus? 
Unsere Schuljugend wird mit den Palmetten der Griechen, der Lotosblume der alten 
Ägypter, mit allerhand italienischer und französischer Renaissance bekannt gemacht, aber 
von dem Kunstsinn ihrer Vorfahren hören sie die ganze Schulzeit 
über nichts. Was Wunder, wenn sie achtlos an den Schätzen, die sich vielleicht noch 
Ln Großmutters Stube oder Schrank aufbewahrt finden, vorbeigehen, dafür aber unsere 
Mädchen recht gern eine bulgarische oder bosnische Stickerei für ihre Blusen verwenden, 
vielleicht eine hannakische Tracht zu einem Kostümfest wählen, wenn manche eine alte 
slowakische Truhe als den kostbarsten Besitz unter ihren Möbeln bezeichnen, dafür aber 
ahnungslos unbeachtet gute, alte Stücke deutscher Kunst und deutschen Gewerbefleißes bei¬ 
seite stehen lassen und ganz erstaunt sind, einmal zu hören, daß auch in den deutschen 
Gebieten unseres Heimatlandes eine rege Phantasie Kunstwerke geschaffen hat, die es ver¬ 
dienen, aus der Vergessenheit hervorgeholt zu werden." 
In dieser Schulmethode, welche die Berichterstatterin für einseitig hält und 
von deren unbedingtem Werte sie trotz der Erfolge dennoch nicht ganz überzeugt ist, 
liegt Naturgemäßheit und Kraft. So viel urwüchsige Kraft, daß jedes fremde 
oder Naturmotiv von der Eigenart der Seichnerin beherrscht und nach deren völkischer 
Seite hin abgeändert tuM. In dieser alles Fremde umbiegenden und einschmelzenden Kraft 
liegt aber auch ein großer Reichtum, denn sie ist die Duelle der Erfindung und damit 
der Belebung der heimischen VerzierungsWeise, was wieder von hoher wirtschaftlicher 
Bedeutung ist. Und wie in jeder Schule die Volkssprache geredet und fremde Wörter 
Ln sie übersetzt werden, soll das Jungvolk hier nicht auch die Kunstsprache seines 
Volkes erlernen, damit es von dieser aus zur übrigen Kunst schreite und auf Grund der 
volkseigenen die gesamtdeutsche und die fremde Kunst kennen und vielleicht auch beherr¬ 
schen lerne? 
Schristenverwers zu den Gegenständen Volkskunde, Volkskunst. 
a) v o l k s k u n de: Karl Reuschel, Die Volkskunde im Unterricht an höheren 
Schulen. 70 S. heft 2 der „Arbeiten aus dem Kreise des deutschen Germanistenverbandes 
über Seitfragen des deutschen Unterrichts auf den höheren Sckulen". Berlin, 1917. 
Otto Salle. 
Adolf Haussen. Volkskunde, Lehrerschaft und Schule. I. vie junge Wissenschaft der 
Volkskunde. II. Die Lehrerschaft und die Volkskunde, m. Volkskunde und Schule. 
IV. Die Schüler und die Volkskunde. Prag 1919. Schulwissenschaftlicher Verlag A. tzaase. 
(Jm Druck.) 
Alois John, Die Volkskunde als Erzieherin. (Unser Egerland, 1913). 
P. Benndorf. Die sächsische Volkskunde als Lehrstoff in der Volksschule. 83 S. Dres¬ 
den, 1901. G. Schönfeld. (Inhaltsangabe: I. Notwendigkeit der Berücksichtigung der Volks¬ 
kunde in der Schule. II. Allgemeines über Anordnung des Stoffes, in. Darbietung des 
Stoffes: A. Betrachtungen über die ältesten Zustände in Sachsen: vie Vorzeit. Besiedlung 
des Landes. Die Entwicklung des Städtewesens. B. Einzelstudien über das Volksleben': 
Sitten und Gebrauche, Aberglauben. Kultus. volksmyLhus, Feste. Sagen, Märchen, 
Schwank. Volkslied und Mundart. Eigenart. Wohnung und Trachten. 
F. J. Bronner, volkskundlicher Lehrplan für die Mittel- und Oberklassen der Werk¬ 
tags- und Sonntagsschulsn Bayerns. München, pädag. Verlag, preystngstr. 16. 
E. Mantua, Psychologie der Gesellschaftskreise als natürliche Grundlage der boden¬ 
ständigen Schule. (Die Sonde. X. 1911.)
	        
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