Volltext: Heimat und Volkstum

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So wie mit heimatliche Rechenbücher haben oder diese 'erstreben, sind mir auch aus 
dem Wege zu heimatlichen Sprachbüchern. vorerst denke ich mir diese als Hilfsbüchlein, 
als ergänzende Anhänge zu den bereits eingeführten, heute sehr rückständigen Sprach¬ 
büchern. Diese Anhänge dürften nicht zu umfangreich und müßten möglichst billig anzu¬ 
schaffen sein, denn außer dem etwas umfangreicheren Lehrerheft sollte es auch noch 
für jedes Rind ein Schülerheftchen geben, welches nur die Aufgaben für die Mit¬ 
arbeit beim Unterrichte und für die Stillbeschäftigung enthalten und nur rnenige Heller 
kosten sollte. Oie Schmierigkeiten sind groß; ohne die Einführung solcher Sprach-Yilfs- 
bücher mit örtlichen Zielsetzungen rnird sich aber schon deshalb, rneil sonst der ganze Fort¬ 
schritt im Sprachunterrichte dem Zufall überlassen bliebe, nicht viel erreichen lassen und 
die Schulbehörden müßten einiges Geld für preise und Prämien zur Ermutigung fähiger 
Arbeiter daran wagen. Mit der Zeit aber rnird es zu eigenen heimatlichen Sprach¬ 
büchern kommen müssen. 
3n den vom Berliner Lehrerverein herausgegebenen „Vorschlägen für den Lehrplan 
der Berliner Gemeindeschule" (Berlin 1911) heißt es, daß sich der gesamte Übungsstoff des 
Sprachunterrichts auf ein Guartblatt schreiben ließe. Er ist dort auch angegeben 
und besteht in der Hauptsache -aus den Übungen zu den Verhältniswörtern und den fall¬ 
regierenden Zeit- und Eigenschaftswörtern. Für süddeutsche Verhältnisse dürften rnohl 
noch zwei solcher Guartblätter nötig sein. 
Gansberg meint in seiner meisterlichen „Anleitung zu denkendem Sprachunterricht" 
(„wie mir die Welt begreifen." Janssen, Hamburg.): 
„wenn also diese Fälle in einem vielseitigen, praktischen, kindertümlichen Übungs¬ 
stoff auf ein paar Druckseiten den Rindern zu gelegentlicher Durcharbeitung in die Hand 
gegeben werben, so können mir unsere „Sprachschulen" und damit auch den gesonderten 
Sprachdrill getrost abschaffen und dafür besser Sachen treiben, Sachen und immer 
miedet Sachen!" 
Diese Forderung nach begriffsbildendem Sprachunterricht >ist schon vor Jahrhunderten 
erhoben morden; sie hat bisher nur fürs erste Schuljahr Nachfolge gefunden. 
Am Tomeniustage (28. März) rnerden Schulfeiern abgehalten. Mit hochtönenden 
Worten werden da die Verdienste des großen Menschen und Lehrers nicht selten von Leuten 
gefeiert, die in ihrem wirken heute noch das gerade Gegenteil von dem tun, was der 
Meister schon vor 300 Jahren gelehrt hatte, von Schulfüchsen, die heute noch die Rinder 
entsetzlich in langen, müßigen Grammatikstunden quälen, von öden Scholasten, die ihr 
hohles wortmissen den ihnen hilflos preisgegebenen Rinderseelen aufdrängen, von be¬ 
schränkten Geistern, die jedem Fortschritte und jeder Entwicklung ihres „Handwerks" 
feindselig oder doch sehr mißtrauisch gegenüberstehen. Einen großen Teil der Schuld trägt 
da die LehrerbildungL-anstalt, welche selbst neuerer Zeit nur im besten Falle das Glück 
eines oder zweier im neuzeitlichen Sinne gebildeter Lehrer hat, im übrigen altes saures 
Bier verzapft und die jungen Lehrer mit dem stolzen Bewußtsein einer abgeschlossenen 
Bildung berauscht. Ein Arzt und ein Lehrer, die sich nicht weiterbilden, werden zu Mördern, 
der eine an den Leibern, der andere an den Seelen. 
Trotz der schönen Lehren unserer verehrten Altmeister wandelt unsere Schulwissen- 
schaft, vor allem, was die praktische Ausübung angeht, noch immer böse Irr¬ 
wege. Am schlimmsten ist der Sprachunterricht daran. Gbwohl Eomenius 
die rettenden Worte so einfach, klar und anschaulich ausgesprochen: 
„Die Sprache soll mit der Erkenntnis der Dinge zunehmen." „Rinder müssen mit 
Worten zugleich Sachen lernen. Das Studium der Sprachen muß mit dem des Realen 
fluß der Mundart auf die Aneignung des schriftdeutschen Gedankenausdrucks. Ebenda, 1913. 
Dazu die Sprachlicher von Rnörlein, wendt. Thiede, Fröhlich, Menges, Itschner, Stehle 
u. a. — vergl. auch die Beiträge des Vers, in der Zeitschrift „Schaffende Arbeit und Runst 
in der Schule". Iahrg. 1918, S. 300 ff. und 1919, S. 32 ff.: „Zum neuzeitlichen Sprach¬ 
unterricht" und: „Die Mehrzahlbildung des Hauptwortes behandelt mit Rücksicht auf die 
bayrisch-oberpfälzische Mundart".
	        
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