Volltext: 57. Heft 1914/15 (57. Heft 1914/15)

OCCODDDaOQD OOOqaQQOQOQCOOOaOQaQCCOOOQQQOOOQQDQOOOOOOOaOCOCOaaOCOOaCCaODCODaOOQQQ 45D 
Bald nach sechs Uhr früh 
heißt es wieder in den Sattel 
steigen, um die Gräben und den 
Artillerie - Beobachterposten der 
Zen tratst ellnng zu besichtigen. 
Unzählige Brandkrater von 
38er-Granaten, diese offenen, 
anklagendenWunden von Mutter 
Erde, hemmen den vorsichtigen 
Schritt unsrer Pferde, deren 
Instinkt ein noch schärferes Miß- 
trauen gegen die seltenen noch 
herumliegenden unexplodierten 
Geschosse hat. Zu gleicher Zeit 
mit einem nach Süden zur 
Ablösung heranmarschierenden 
Regiment naht von dort schon 
wieder diese Fliegerpest. Ein 
Kommando, und die gesamte 
Truppe liegt so hart an einer 
B o d en w elle, d aß si ch d as Türkis ch- 
Feldbraun mit ihr vollkommen 
vermischt. Wir steigen ab, treten 
beim Roten Halbmond unter, 
wo Stabsarzt Demosthenes uns 
sowie einzelne Verwundete mit 
Tee bewirtet. Allen diesen braven 
Ackerbauern aus Anatolien geht 
es gut („tschok cij!“) und da 
es nicht Pera ist, wo man 
die Türkei lieben lernt, hier draußen, im wilden Ge¬ 
tümmel, in dieser wilden Landschaft, die eine Har¬ 
monie bildet mit der Wildheit des Kampfes, hier begreift 
man den alten Geist des Osmanentums und hier lernt 
man den treuen, tapferen, selbstlosen Türken so recht 
lieben und schätzen. Das „Merr-habehr, askehr!" (Grüß 
Gott, Soldat!) das unser unermüdlicher Hauptmann 
den vorbeihumpeln.den Verwundeten, den Wachposten 
zuruft, wird sichtbar freudig erwidert. 
Jetzt geht es durch ein Labyrinth von Laufgräben 
vor auf den Hügel, der die ganze Spitze der Halbinsel 
beherrscht. Ein Dauerlauf von zwanzig Minuten und 
wir stehen vor einem Wachposten, dem unser Cicerone 
den besonderen Erlaubnisschein für den türkischen Kom¬ 
mandeur der Stellung vorweist. Bald darauf stehen 
wir in einer 
Höhle, welche 
die übliche Sack¬ 
leinwand-Por¬ 
tiere mit Bom¬ 
benbeschwerer 
aufweist. 
Wohl ein 
halbes Dutzend 
Telephonappa¬ 
rate und Sche- 
renfernrohrebe- 
schäftigen an¬ 
dauernd Ohr 
und Auge von 
ebensovielArtil- 
lerieofsizieren. 
Herzlich ein¬ 
fach, zwischen 
zwei Komman¬ 
dos: „Atesch“ 
(Feuer!) begrüßt uns der Be¬ 
fehlshaber und liebenswürdig, in 
bestem Deutsch, weist er uns ein 
Fernrohr zur Beobachtung an. 
So ein Scherenfernrohr ist 
eine wahre Offenbarung, noch 
dazu hier, wo eine leichte Halb¬ 
kreisdrehung dem Beschauer alle 
Herrlichkeit eines unvergleich¬ 
lichen Panoramas vorzaubert. 
Der erste Blick gilt der Sedil- 
Bahrspitze, dort wo eben ein 
Flugzeug hastig landet und sofort 
hinter der Deckung des Abhangs 
nach dem Meer hinunter von 
der Bildfläche verschwindet. Zur 
Linken das schmale Band der 
Dardanellen und ganz in der 
Ferne der Troja-Burghügel, von 
dessen blühenden Ruinen wir 
vor vierzehn Tagen andächtig 
die Beschießung des englischen 
rechten Flügels verfolgten. Jetzt 
haben wir ihn greifbar nahe vor 
uns. Aus der Morto-Bucht her¬ 
vor ragen Maste und Feueressen 
des von den türkischen Batterien 
in Brand geschossenen großen 
en glis ch en Transp ortd amp f ers. 
Bor dem Eingang einige kleine 
Wachschiffe, rechts im Agäifchen Meer leuchtet ein Laza¬ 
rettschiff wie eine Riesenluxusjacht mit seinem blenden¬ 
den Anstrich zwischen dem Blau der Wogen und des 
Äthers. O Ironie! Eher sind die schwarzen, nissigen 
kleinen Ungetüme da hinten ein Luxus, ein Überfluß — 
und das riesige, elegante, weiße Schiff dort ist eine der 
bittersten Notwendigkeiten. Eine Schaluppe bringt ihm 
gerade neue Gäste zu: so verteidigt der Türke seinen Hei¬ 
matboden gegen ungebetene Gäste, gegen Raubgesellen. 
Zur Rechten in Dunstferne die türkisch-bulgarische 
Grenze. Doch jetzt, Achtung! Eine Reitergruppe 
schlängelt sich deutlich dort hinten über den sonn¬ 
verbrannten Boden. Ein: „Uctscli bin dort — Ateschk 
(3400111, Feuer!) in den Fernsprecher und wenige 
Sekunden später verfolgt das Auge deutlich, wie dort 
hinten Granate 
und Reiter¬ 
gruppe ausein¬ 
anderstieben. 
Diese heim¬ 
tückischen Au¬ 
gen, die aus der 
Erde sehen und 
jene andern, 
die plötzlich aus 
der Meerestiefe 
auftauchen! 
Erst gestern 
waren solche 
tückischen Blicke 
auf uns gerich¬ 
tet — unheil¬ 
drohend. Wo 
ist der Fetisch 
gegen diesen 
„bösen Blick"? 
Phot. Leipziger Presse-Büro. 
Heldengrab deutscher Krieger auf dem Friedhof 
zu Rethel in der Champagne. 
PF 
/ 
‘ " V: 
< 6t| Mehrst m% tzG i^ 
&rfe««v v * 
MWWWWW m | IWWIWW ■ 111W § f WI I 
' t * PciitbKffh gcwoiiiffC 
f‘ ’ 1 Jtilf wirdihl-Mmr settVAqtw. j • 
. ... ■ 5 
X . . ' . • Steg • 1 
; : • ; ' i-j ■>.. . • 
Phot. P. Wagner, BerUn. 
Inschrift am Massengrab in Rabosre bei Wandre in Belgien.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.