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Bald nach sechs Uhr früh
heißt es wieder in den Sattel
steigen, um die Gräben und den
Artillerie - Beobachterposten der
Zen tratst ellnng zu besichtigen.
Unzählige Brandkrater von
38er-Granaten, diese offenen,
anklagendenWunden von Mutter
Erde, hemmen den vorsichtigen
Schritt unsrer Pferde, deren
Instinkt ein noch schärferes Miß-
trauen gegen die seltenen noch
herumliegenden unexplodierten
Geschosse hat. Zu gleicher Zeit
mit einem nach Süden zur
Ablösung heranmarschierenden
Regiment naht von dort schon
wieder diese Fliegerpest. Ein
Kommando, und die gesamte
Truppe liegt so hart an einer
B o d en w elle, d aß si ch d as Türkis ch-
Feldbraun mit ihr vollkommen
vermischt. Wir steigen ab, treten
beim Roten Halbmond unter,
wo Stabsarzt Demosthenes uns
sowie einzelne Verwundete mit
Tee bewirtet. Allen diesen braven
Ackerbauern aus Anatolien geht
es gut („tschok cij!“) und da
es nicht Pera ist, wo man
die Türkei lieben lernt, hier draußen, im wilden Ge¬
tümmel, in dieser wilden Landschaft, die eine Har¬
monie bildet mit der Wildheit des Kampfes, hier begreift
man den alten Geist des Osmanentums und hier lernt
man den treuen, tapferen, selbstlosen Türken so recht
lieben und schätzen. Das „Merr-habehr, askehr!" (Grüß
Gott, Soldat!) das unser unermüdlicher Hauptmann
den vorbeihumpeln.den Verwundeten, den Wachposten
zuruft, wird sichtbar freudig erwidert.
Jetzt geht es durch ein Labyrinth von Laufgräben
vor auf den Hügel, der die ganze Spitze der Halbinsel
beherrscht. Ein Dauerlauf von zwanzig Minuten und
wir stehen vor einem Wachposten, dem unser Cicerone
den besonderen Erlaubnisschein für den türkischen Kom¬
mandeur der Stellung vorweist. Bald darauf stehen
wir in einer
Höhle, welche
die übliche Sack¬
leinwand-Por¬
tiere mit Bom¬
benbeschwerer
aufweist.
Wohl ein
halbes Dutzend
Telephonappa¬
rate und Sche-
renfernrohrebe-
schäftigen an¬
dauernd Ohr
und Auge von
ebensovielArtil-
lerieofsizieren.
Herzlich ein¬
fach, zwischen
zwei Komman¬
dos: „Atesch“
(Feuer!) begrüßt uns der Be¬
fehlshaber und liebenswürdig, in
bestem Deutsch, weist er uns ein
Fernrohr zur Beobachtung an.
So ein Scherenfernrohr ist
eine wahre Offenbarung, noch
dazu hier, wo eine leichte Halb¬
kreisdrehung dem Beschauer alle
Herrlichkeit eines unvergleich¬
lichen Panoramas vorzaubert.
Der erste Blick gilt der Sedil-
Bahrspitze, dort wo eben ein
Flugzeug hastig landet und sofort
hinter der Deckung des Abhangs
nach dem Meer hinunter von
der Bildfläche verschwindet. Zur
Linken das schmale Band der
Dardanellen und ganz in der
Ferne der Troja-Burghügel, von
dessen blühenden Ruinen wir
vor vierzehn Tagen andächtig
die Beschießung des englischen
rechten Flügels verfolgten. Jetzt
haben wir ihn greifbar nahe vor
uns. Aus der Morto-Bucht her¬
vor ragen Maste und Feueressen
des von den türkischen Batterien
in Brand geschossenen großen
en glis ch en Transp ortd amp f ers.
Bor dem Eingang einige kleine
Wachschiffe, rechts im Agäifchen Meer leuchtet ein Laza¬
rettschiff wie eine Riesenluxusjacht mit seinem blenden¬
den Anstrich zwischen dem Blau der Wogen und des
Äthers. O Ironie! Eher sind die schwarzen, nissigen
kleinen Ungetüme da hinten ein Luxus, ein Überfluß —
und das riesige, elegante, weiße Schiff dort ist eine der
bittersten Notwendigkeiten. Eine Schaluppe bringt ihm
gerade neue Gäste zu: so verteidigt der Türke seinen Hei¬
matboden gegen ungebetene Gäste, gegen Raubgesellen.
Zur Rechten in Dunstferne die türkisch-bulgarische
Grenze. Doch jetzt, Achtung! Eine Reitergruppe
schlängelt sich deutlich dort hinten über den sonn¬
verbrannten Boden. Ein: „Uctscli bin dort — Ateschk
(3400111, Feuer!) in den Fernsprecher und wenige
Sekunden später verfolgt das Auge deutlich, wie dort
hinten Granate
und Reiter¬
gruppe ausein¬
anderstieben.
Diese heim¬
tückischen Au¬
gen, die aus der
Erde sehen und
jene andern,
die plötzlich aus
der Meerestiefe
auftauchen!
Erst gestern
waren solche
tückischen Blicke
auf uns gerich¬
tet — unheil¬
drohend. Wo
ist der Fetisch
gegen diesen
„bösen Blick"?
Phot. Leipziger Presse-Büro.
Heldengrab deutscher Krieger auf dem Friedhof
zu Rethel in der Champagne.
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Phot. P. Wagner, BerUn.
Inschrift am Massengrab in Rabosre bei Wandre in Belgien.