Volltext: Der Sammler 10. Jahrg. 1914 (1914)

4 
Herausgeber: Der Museal-Berriu Schärding. — Verantwortlicher Redakteur: Joh. Vees, Schärding. 
Druck I. Vers, Schärding. 
und Schreiner vertreten. Nur schade, daß insbe 
sondere bei den Letzteren, selten oder gar nie eine 
Meistermarke oder ähnliches ersichtlich ist. Die 
Schreinermeister alter Zeit haben sich mit Vorliebe 
der Ausarbeitung eines verborgenen Faches oder 
Lade gewidmet, auf die Verewigung ihrer Namen 
haben sie leider nicht gedacht. Es befinden sich im 
Privatbesitz unzweifelhaft nicht selten Möbelstücke, 
die nie aus der Familie kommen, durch 4 und 5 
Generationen, sie sind auch gewiß in hiesiger Stadt 
entstanden, aber mit nachweisbarer Sicherheit kann 
man das leider nicht sagen Aber außer den Möbeln, 
gibt es eine Anzahl von Kleingegenständen, die noch 
im Privatbesitze sind, die wohl geeignet wären, 
unsere Aufnahmen wesentlich zu begünstigen und zu 
vervollständigen. Indem wir daher darangehen, 
der Gewerbegeschichte in unserer Stadt näher zu 
treten, richten wir an die zahlreichen Freunde und 
Gönner des Musealvereines die Bitte, uns vorkom 
menden Falles eine Beschreibung eventuell bildliche 
Abnahme solcher Gegenstände gewähren zu lassen. 
(Schluß folgt.) 
Oer Seiger zu Gmünd.*) 
• Erzählendes. 
Einst ein Kirchlein sonder Gleichen, 
Noch ein Stein von ihm steht da, 
Baute Gmünd der sangesreichen 
Heiligen Cäcilia. 
Lilien von Silber glänzten 
Ob der Heiligen mondenklar, 
Hell wie Morgenrot bekränzten 
Goldne Rosen den Altar. 
Schuh aus reinem Gold geschlagen 
Und von Silber hell ein Kleid 
Hat die Heilige getragen, 
Denn da wars noch gute Zeit. 
Und der fremden Pilger wallten 
Zu Cäciliens Kirchlein viel, 
Ungesehen woher, erschallten 
Drinn Gesang und Orgelspiel. 
Einst ein Geiger kam gegangen. 
Ach, den drückte große Not, 
Matte Beine, bleiche Wangen 
Und im Sack kein Geld, kein Brot. 
Vor dem Bild hat er gesungen 
Und gespielet all sein Leid, 
Hat der Heiligen Herz durchdrungen. 
Horch! melodisch rauscht ihr Kleid! 
Lächelnd bückt das Bild sich nieder 
Aus der lebenlosen Ruh» 
Wirft dem armen Sohn der Lieder 
Hin den rechten goldnen Schuh. 
Nach des nächsten Goldschmied Hause 
Eilt er, ganz vom Glück berauscht, 
Singt und träumt vom besten Schmause, 
Wenn der Schuh um Gold vertauscht. 
Aber kaum den Schuh ersehen. 
Führt der Goldschmied rauhen Ton 
Und zum Richter wird mit Schmähen, 
Wild geschleppt des Liedes Sohn. 
Weh l du armer Sohn der Lieder, 
Sangest wohl den letzten Sang! 
An den Galgen auf und nieder 
Sollst, ein Vogel, fliegen bang. 
Hell ein Glöcklein hört man schallen 
Und man sieht den schwarzen Zug 
Mit dir zu der Stätte wallen, 
Wo beginnen soll dein Flug. 
Bußgesänge hört man singen, 
Nonnen und der Mönche Chor, 
Aber hell auch hört man dringen 
Geigentöne aus dem Chor. 
Seine Geige mitzuführen. 
War des Geigers letzte Bitt'. 
„Wo so viele musizieren. 
Musizier' ich Geiger mit." 
An Cäcilias Kapelle 
Jetzt der Zug vorüber kam, 
Nach des offnen Kirchleins Schwelle 
Geigt er recht in tiefem Gram. 
Und wer kurz ihn noch gefasset, 
Seufzt: „Das arme Geigerlein". 
„Eins noch, bitt" sagt er, „lasset 
Mich zur Heiligen hinein." 
Man gewährt ihm; vor dem Bilde 
Geigt er abermals sein Leid. 
Und er rührt die himmlisch Milde. 
Horch! melodisch rauscht ihr Kleid. 
Lächelnd bückt das Bild sich nieder 
Aus der lebenlosen Ruh, 
Wirft dem armen Sohn der Lieder 
Hin den zweiten goldnen Schuh. 
Voll Erstaunen steht die Menge, 
Und es sieht nun jeder Christ, 
Wie der Mann der Volksgesänge 
Selbst der Heiligen teuer ist 
„) (Entnommen aus dem Gedichte „Der Geiger zu 
Gmünd" von Just., Kerner. — Siehe Sagenkranz von 
Th. Beyttenmüller.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.