Volltext: Der Sammler 10. Jahrg. 1914 (1914)

auf das Nachhaltigste, daß der Autor die Gele 
genheit wahrnimmt, das häßliche Urteil eines 
Toni—Herbertsfelden, das dieser Uber die Nieder 
bayern des 19. Jahrhunderts, zu welchem Stamme 
ja auch die Innviertler gehören, folgenderinaßen 
in den Schranken weist: „Seine guten Eigen 
schaften sind ja dieselben seiner Stammesbrüder, 
der Germanen, die sich durch Ehrlichkeit, Pflicht 
erfüllung, Rechtlichkeit usw. weit über andere 
Nationen erheben, sticht als furchtsamen, fal 
schen, ungeselligen, von Prachtliebe und Wollust 
erfüllten, Religion heuchelnden Gesellen kennen 
wir den Innviertler, wie der vermeintliche 
bayrische Volkskenner unser männliches Volk 
zu schildern beliebte. 
Die Nachkommen der frei eigenen Leute 
halten auf ihren Höfen strenge Hausordnung, 
sie sorgen so gut als sie es vermögen für ihre 
Ehalten (Dienstboten). Den Befehl führt der 
Mann, die Hauswirtschaft die Frau, die Kinder 
werden gut gehalten. Wenn sie aus der Schule 
sind und am Hofe verbleiben, stehen in einem 
richtigen Dienstverhältnis. Die Wohltätigkeit 
spielt eine große Rolle. Unglücksfälle verschie 
dener Art, wie es das Geschäft mit sich bringt, 
i können die Leute nicht niederdrücken, sie sind das 
s gewohnt und helfen sich oft mit Humor darüber 
' hinweg. Roheit gegen Tiere findet man selten. 
Die bäuerliche Familie hat in ihren 
Grundzügen viel Aehnlichkeit mit der fürstlichen. 
Beide heiraten aus Nützlichkeitsgründen, selten 
aus Neigung. Das Sprichwort, nach dem der 
Bauer freit, ist: „Was hat sie, was kann sie?" 
Gar nicht selten sind solche Ehen, die aus Ver 
nunft geschlossen werden, sehr glücklich geworden. 
Diese kurzen Anführungen zeigen, wie sehr der 
dem ehemaligen Mittelpunkt der Adria-Ausstel 
lung. Einen Büchsenschuß vor Kornerredt steht 
die Ausstellungshalle aus dem Jahre 1873. Ein 
beliebter Ausflugsort der Schärdinger ist bekannt 
lich der Kreuzberg. Dort liegt für uns aber jetzt 
der Augarten, eingesäumt von den Zinskasernen 
des II. und XX. Bezirkes. Die Hauptallee beginnt 
beim Dobl und endet in der Ortschaft Eggen 
berg ; nach Höbmannsdorf fahren die Schärdinger 
zum Rennen in die Freudenau. Das Arsenal — 
für sich ein Gebäude, in welches man die geschlos 
sene Stadt Schärding — ohne Eichbühl, Neustift 
und Vorstadt, mit Müh und Not unterbringen 
könnte, ist in Pramersdorf zu finden. 
Wer kennt nicht die Mariahilferstraße? Bei 
Gerngroß und Herzmanzky, bei Esders und im 
Zentralpalast hat jeder, der Wien besucht, schon 
gekauft. Sie zieht sich von der Rottmündung 
über Weihmörting, nördlich gegen Mittich, bis 
zum „Goder". 
Der große Exerzierplatz, die „Schmelz", liegt 
zwischen Sulzbach und Eholfing; Währing breitet 
sich gegen Eglsee hin aus; Ottakring liegt in und 
um Sulzbach. 
Verfasser * über unser Landvolk Bescheid weiß. 
Es ist außerordentlich interessant, ihm weiter zu 
folgen. Er sagt: 
Für den Bauern ist sein Besitz, die statt 
liche Hofstatt, das Höchste, um das sich sein 
Alles dreht und auf einen schönen Zügl, d. h. 
Viehstand, Wagel und Roß, blank und blitzend 
aufgeputzt, setzt er seinen Stolz, und protzt überall 
damit. Sodann erfahren wir eingehend über die 
Nahrung und wie es beim Essen ist. Lernen 
die Sitzordnung bei dieser wichtigen Handlung 
kennen, sowie des Vorganges gegenüber eines 
Gastes gedacht ist. 
Einem etwas strengen, aber wohl zutref 
fenden Urteil wird die Kindererziehung unter 
worfen. Hier ist die sogenannte gute alte Zeit 
mit all ihrem schädlichen Aberglauben und ihrer 
Unwissenheit noch im Rechte. Ueber die Wahl 
des Berufes wird nicht viel nachgedacht. Der 
Aetteste übernimmt den Hof und die anderen 
Geschwister treten entweder zu Hause oder 
anderswo in Dienst. Ist einer vom Geistlichen 
ausersehen, wegen seines guten Kopfes zu 
studieren, so hat die Familie nichts dagegen, 
wenn er Geistlich wird, denn es bringt ja immer 
für die Eltern Ehre und Ansehen. Besonders 
lieb ist ^es der Mutter, die in ihrem geistlichen 
Herrn «Lohn einen Fürsprecher im Himmel hat. 
Es kommen die Familienfeste an die Reihe das 
Wesen des Austrages, die Arbeit, wobei die 
körperliche Arbeit eine größere Rolle als die 
geistige spielt. Die geistige Schwerfälligkeit der 
Ehalten bringt es mit sich, daß der Bauer, der 
Herr, nicht nur für sich, sondern auch für die 
Dienstboten denken muß. Wenn der Bauer- 
seine Befehle gegeben hat, kann er sicher sein 
Der düstere X. Bezirk „Favoriten" — nach 
Prag die größte tschechische «Stadt Oesterreichs — 
liegt in den Inn-Auen bei Lchnelldorf und Suden. 
Der Westbahnhof, das Ziel jedes heimwehkranken 
Ober-Oesterreichers, liegt in Hartham in Bayern 
und Kagran, ein ländlicher Teil des XX i. Be 
zirkes, in Künham, in der Wernsteiner oder Schar- 
denberger Pfarrei. 
Wollte man auf ein Glas Bier in die 
Hütteldorfer-Brauerei gehen, mußte mau weit 
über Ruhstorf hinauswandern und das weinselige 
Nußdorf müßte man gar in Saustallen suchen, 
irgendwo bei Dvmmelstadt, im Neuburger Wald. 
Ein altes Wahrzeichen von Wien ist die 
Spinnerin am Kreuz; gehe nach Reding, dort 
steht die ehemalige Richtstätte und der rote, wuch 
tige Bau des Favoritener Wasserturms. 
Genug ! genug I genug I höre ich rufen. Ich 
bin schon beim Ende: Begraben müssen wir auch 
einmal werden, wenn das Spiel vorbei ist und 
die Dissonanzen der Lebensmelodie verklungen sind. 
Das „Mit-der - Leich'- gehen" würde aber 
ohne Tramwayverbindung ein großes Opfer be-
	        
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